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wegen, aber bei alledem hält er ihn für im höchsten Grade unrein, einmal weil er ein Fremder ist, dann weil er alles Eßbare ißt, selbst das Fleisch der für heilig gehaltenen Knh. Eines Tages erzählte ein Pandit einem der Missionäre in Ghazipur, daß ein Hindu ihn gefragt, wie es nur möglich sei, in das Haus des Padri zu gehen ohne sich zu vernnreinigen. Als der Pandit versicherte, daß er sich dadurch nicht verunreinige, erwiderte jener, daß dies wohl nur von dem Pandit als einem Brahmanen gelte, ein Mann von niederer Kaste dagegen würde ganz gewiß unrein. In andern Ländern lebt der Missionär, wenn er seine Aufgabe recht versteht, sich ganz in das Voll! hinein, besucht die Heiden in ihren Hütten, arbeitet mit ihnen auf dem Felde und unterrichtet sie in nützlichen Künsten und Lebensregeln. In Indien ist davon nicht die Rede. Besucht der Missionär den Hindu, so darf er nur bis in die Veranda des Hauses kommen, höchstens erlaubt man ihm in ein leeres Zimmer zu treten. Dahin kommt der Hausherr oder ein anderer Mann von der Familie, um mit ihm zu sprechen; zur ganzen Familie läßt man ihn niemals, und man sucht alles zu thun, daß er nicht irgendein Gefäß, namentlich einen Krug, Topf oder Kessel berührt. Einer unsrer Missionäre ging einmal in die Hütte seines Wäschers, weil das Dach baufällig war. Unversehens kam er dem Platze, wo sich das Kochgeschirr befand, ein klein wenig zu nahe. Da schrie ihn der Mann, sein Diener, an, er möge sich doch nur in Acht nehmen; denn sonst würde ihm all sein Zeug unrein. Bei einer Fahrt auf dem Ganges waren die Hinduschiffer unsres Berichterstatters einmal ans Ufer gegangen, um sich auf einem kleinen Feuerheerd, den sie, wie üblich, zum Schutz gegen Verunreinigung in einiger Entfernung mit einem kreisrunden niedrigen Erdwall umgaben, ihr Essen zu kochen. Da ereignete es sich, daß unser Missionär, in der Dunkelheit nach dem Fahrzeug zurückkehrend, wider Wissen und Willen durch den um den Heerd gezognen Zauberkreis ging, worauf die Bootsleute augenblicklich sagten: „Ap ne hamara khana bigar diye" d. h. Sie haben unser Essen verdorben, und sofort die Speisen wegwarfen.
„Als mein College," erzählt unser Missionär weiter, „eines Tages in die Schule ging, kam ihm der Hindulchrer entgegen und sagte, er müsse ein neues Wassergcfäß haben; denn in das bisher gebrauchte sei ein Stück Brod gefallen, und da man nicht wissen könne, ob es von einem Christen oder Muhamme- daner wäre, in welchem Falle nicht nur das Wasser, sondern auch das Gefäß verunreinigt wäre, so könne man nicht mehr daraus trinken. Mein Freund suchte ihn zu belehren, aber vergeblich, und da letzterer sich weigerte, ein neues Gefäß zu besorgen, so beschaffte der Lehrer eins."
Aehnliche Beispiele enthält unsere Schrift noch eine ganze Anzahl. Will der Missionär einen Brahmanen anreden, so muß er das aus einiger Entfernung thun; denn zu große Annäherung eines Christen verunreinigt den ade-