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gehende Antwort auf die Forderungen Oestreichs sehr erhebliche und für Nußland ungemcin günstige Folgen nach sich ziehen würde. Es ist in ihnen darauf aufmerksam gemacht, daß, falls Nußland die Donausürstenthümer räume, Oestreich dieselben als neutrale Macht besetzen und die streitenden Theile voneinander trennen werde und daß Preußen in diesem Falle seinen Einfluß dahin anwenden werde, die Wcstmächte zur Einstellung der Feindseligkeiten zu bewegen. Die große Bedeutung dieses Schrittes, namentlich bei dem jetzigen Stande der kriegerischen Ereignisse, springt in die Augeu. Nußland ist theils durch die Erfolglosigkeit der Operationen vol.- Silistria, theils durch die Con- centrativn der englisch-französischen Armee in der Nahe des Kriegsschauplatzes, theils durch die in Siebenbürgen zusammengezogene östreichische Heeresmacht zum Rückzug genöthigt; es ist gezwungen, die Walachei zum größten Theil zu räumen und eine neue OperationöbastS zu suchen. Jetzt wird ihm die Gelegenheit geboten, diesen Act der Nothwendigkeit als eine den Friedensbemühungen der alten Verbündeten dargebotene Concession hinzustellen, den Schimpf der Nctirade mit dem Gewände christlicher Friedensliebe zu verhüllen, und aus der unglücklichen militärischen Coustellation den unverhofften Gewinn zu ziehen, daß Oestreich in eine stricte Neutralität gebannt, uud Preußen durch die Zusichcrung seiner guten Dienste bei den Westmächtcn auch osficiell zur Thätigkeit für Rußland hinübergcleitct wird. So würde das bisherige System der officiellen Politik in durchgreifender Weise gestört werden, wenn Rußland auf die Wiener Forderungen einginge. Es würde dann ein höchst langwieriger, ohne entscheidende Erfolge sich hinschleppender Krieg der Seemächte gegen Rußland in Aussicht stehen, während Oestreichs politische Haltung davon abhängen würde, wie lange seine Finanzen ihm die Aufrechterhaltung unthätiger Kriegsbereitschaft erlauben.
Trotz dieser einleuchtenden Vortheile scheint es nicht, daß von Petersburg eine eingehende Antwort zu erwarten wäre, — ein Räthsel, welches nur durch die dort herrschende krankhaft gereizte Stimmung und durch den Fanatismus der einflußreichen altrussischen Partei zu erklären ist. Wenn gleich noch keine genauen Angaben über den Inhalt der Antwort Hieher gelangt zu sein scheinen, so sind doch hier sowol wie in Wien vorläufige Berichte eingegangen, welche darin übereinstimmen, daß eine befriedigende Antwort nicht zu erwarten ist, daß man aber die Ablehnung in eine Form kleiden wird, welche die Schuld des Bruches auf die deutschen Mächte zu wälzen sucht. Es wird mir bestätigt, daß der Kaiser von Rußland, unter der Versicherung seiner Abneigung gegen einen Conflict mit den deutschen Staaten, seinen Entschluß ausgedrückt hat, es ans eine Kriegserklärung der letztern ankommen zu lassen. Auch die Nachrichten aus der Moldau sprechen dafür, daß eS nicht in der Absicht Nußlands liegt, beide Fürstenthnmer zu räumen; die Russen scheinen sich vielmehr nur
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