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gelingt cs dein Präsidenten nicht, die gemäßigten Republikaner für seine Vorschläge zu gewinnen, dann dürfte ein verzweifelter Streich zu erwarten sein, und zwar noch vor dem Wicdcrzusanimentrctcn der Kammern. Die Umstände drängen Louis Bonapartc zu einem solchen Wagnisse, und wenn cs nicht stattfindet, so hat dies seinen Gruud nur in der Wankelmüthigkeit, in der Uncntschlossenhcit und vielleicht in der Muthlvsigkeit, welche wir als Metamorphose in Louis Napoleons Charakter in einer unsrer letzten Botschaften geschildert hatten.
Fragt der Leser, ob der Staatsstreich gelingen würde? dann antworte ich ihm, cr möge cinen Gcschcidtcrn sragcn — möglich, ja wahrscheinlich nicht. Der Präsident kann ans cinen Theil des Heeres sür den Kampf und auf die ganze Bourgeoisie für den Fall des Erfolges rechnen. Es hängt also von den Umständen nnd namentlich von dcr Haltung des Volkes ab, und wie und von wem dieses geführt wird. Die Bourgeoisie würde sich jedenfalls neutral verhalten; ihre Devise ist: rüussit c'est un tivros;
s'il suovomb«, vo n'vsl, qu'un imböoMv ,;l nous wpons cwssus."
Goethe's Briefe an Frau v. Stein. Aus den Jahren -1776 — 182». Herausgegeben von Scholl. Dritter Band. — Dieser Band enthält von den Jahren 1784 und 1783 eine sehr aussührlichc Sammlung, die fast von Tag zn Tag sortgcht. Anch noch 1786 ist ziemlich reichhaltig. Dann folgt die Italienische Reise, die uns Goethe bekanntlich nach dcn Briefen an dieselbe Dame dargestellt hat. Im Jahre '>788 werden die Briefe dürftiger, im folgenden Jahre brechen sie ganz ab. Das Verhältniß Goethe's zu seiner nachmaligen Frau, welches Frau von Stein entschieden Mißbilligte, trat störend dazwischen. Es sind zwar aus dcn spätern Jahren noch einzelne Briefe vorhanden, aber spärlich, und das Sie tritt an dic Stcllc dcs Du. — Einzelne Bemerkungen Goethe's in diesen Briefen, dic sich nicht direct auf das persönliche Verhältniß bczichcn. sind sehr interessant. So charakterisirt cr cinmal die Memoiren von Voltaire: „Es ist, als wen» ein Gott, etwa Momus, abcr cine Canaille von cincm Gottc. "ber einen König und über das Hohe der Welt schriebe. Dies ist überhaupt dcr Charakter aller Voltaire'schen Witzproductc, der bci diesen Bogen recht auffällt. Kein '"cnschlicher Blutstropfen, keine Funke Mitgefühl uud Honnettetät. Dagegen cine Lcichtig- knt.' Höhe dcs Gcistcs, Sicherheit, dic cutzückeu. Ich sagc, Höhc dcs Geistes, '"cht Hoheit. Man kann ihn einem Luftballon vergleichen, der sich durch eine "gcne Lustart über Alles wcgschwingt, und die' Flächen unter sich sieht, wo wir Berge sehe»." ^ Ein andermal spricht er über Werther bei Gelegenheit dcr Gesammt- ausgabe seiner Schriften (1786): ..Ich corrigirc an Werther, und finde immer, daß Verfasser übel gethan hat. sich nicht nach gccndigtcr Schrift zn erschießen." — Am Interessantesten war mir folgende Aeußerung. Dcr Sohn scincr Frcuudm. Fritz, wollte in Preußische Dienste übertreten, was in Weimar viel böses Blut machte. Goethe schreibt darüber: ..Bei nur ist Fritz ganz entschuldigt. Wer gcrue leben mag ""d ein entschiedenes Streben in sich sühlt. einen freien Blick über die Welt hat. dem '""ß vor einem kleinen Dienst wie vor dem Grabe schaudern. Solche enge Vcrhält- "G könncn nur durch die höchste Konsequenz, wodurch sie die Gestalt einer großen Haushaltung cmnchmcn. interessant werden." — Das ist offenbar cin Sclbstgcständniß, und 5"gt uns wenigstens so viel, daß dcr Dichter nicht in jcdcm Augenblick scincs Lebens ""t der Rolle, in die ihn sein Verhängnis! getrieben hatte, zufrieden war. Die Haupt-