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Die Ultramontanen und die Pietisten in Baiern.
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blicklich beseitigt war, auch für immer abgethan, und bei seiner grenzenlosen Ver­achtung gegen daö bornirte Pfaffenthum traute er diesen Leuten höchstens brutalen Fanatismus, keineswegs aber jene diplomatische Schlauheit zn, welche anch noch die rohesteu heutigen Vertreter des mittelalterlichen Kircheuthums zn immerhin be- achtenswerthcn Gegnern stempelt. Die Partei haßte nun auch ihrerseits Nieman­dem mit so tödtlicher Wuth als MoutgelaS. Allerdings gibt es wohl nur wenige Minister in jver ganzen Weltgeschichte, die ihr so viel zu Leide gethan hatten. D«ß er für seine Person an nichts glaubte und unter Umständeu als Grvßvezier regierte, hätte sie ihm so gut wie seinem Erbfeinde Metternich verziehen, daß er im Wirrwarr der Kriegszcitcn unbarmherzig säcnlarisirte, zn deutsch das Kirchen­gut vollständig plünderte, konnte anch noch hingehn, aber dieser offene Hohn, den er bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gegen die früheren kirchlichen Würdenträger und den Katholizismus im Ganzen zur Schau trug, dieser conse- gnente bureaukratische Mechanismus, mit dem er das ganze Land bis in die ent­legensten Winkel der Alpe» uud des Böhmerwaldes überspann, diese sichtliche Be­vorzugung der Protestanten und Bürgerlichen konnte ihm nie vergeben werden. Es gelang der Partei mit vielem Geschick, sich schon damals dem Kronprinzen Ludwig zu nähern. Der romautisch-confnse Grundzng seines Wesens fand sich von der abftracten Nüchternheit des Mvntgelas'schen Staates höchst unangenehm berührt, dazu war seine grenzenlose Eitelkeit und Herrschsucht von dem Minister mehrmals tödtlich verletzt worden. Montgelas dnldete einmal keine andern Götter neben sich, und der Kronprinz galt ihm, der in seinem Herzen von der Legitimi­tätsromantik so frei, wie vor jeder andern war, anch nicht mehr als jeder andere unbefngte Eindringling. Daher der unvertilgbare Haß, den Lndivig sein ganzes Leben gegen den Staatsmann hegte, welchem sein Hans und er doch schließlich Alles verdankten. Ohne einen Mvntgelas'schen bnreaukralischen Despotismus im Innern und seine geschickten Manövers »ach Außen wäre Baiern für immer zu der Rolle eines armseligen deutschen Mittelstaateö verdammt gewesen, während es seit 1805 doch unleugbar eiu verhältnißmäßig nicht unbedeutendes Gewicht in die Wagschaale der gi-.mdv nciliti,juv gelegt hat.

Der Kronprinz stand in einem ganz eigenthümlichen Verhältniß zu seinem Vater. Max war ein gntcr Gatte uud Vater, überhaupt ein Mann von weichem, leicht zu rührendem Herzen. Er hatte seinen Lndwig im Grunde herzlich lieb, ob­gleich er über dessen wirkliche und vermeintliche Absonderlichkeiten oft genug den Kopf schüttelte. Seine Neigung zur Knnst uud Wissenschaft, sein intimer Verkehr Mit jüngern und ältern Vertretern derselben, sein deutscher Patriotismus waren dem guten Max unbegreifliche Dinge, aber er ließ ihn rnhig seinen Weg gehen, und that ihm auch manches zn Willen, so weit es seine immer sehr leere Klasse und MontgclaZ erlanbten. In die StaatSgeschäsle dürfte er sich freilich nicht Mengen, dafür wußte der Minister zn sorgen.