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dniig mit der Münchner spießbürgerlichen Antipathie gegen die Fremden überhaupt und der uationellen gegen das norddeutsche Wesen, bereitete sie den gencmuten Koryphäen der modernen Bildung und ihrem Troß von iliis nniwrum Fvntium manche bitterböse Stunde. Damals wurde die verhängnißvolle Liga zwischen dem stock- bauischen Particularismns und dem Pfaffeuthum zuerst mit vollem Bewußtsein abgeschlossen, die auf ganz naive Weise Jahrhunderte laug bis zur frauzöfischen Revolution bestanden hatte. Als der Dritte in jenem saubern Bunde, der bis heute besteht und wohl noch auf langes Leben rechnet, reichte schon damals der altbairische hohe Adel den beiden andern, wiewohl noch mit einiger Schüchternheit, die Bruderhand. Montgelas' bnreaukratischer Absolutismus und die von ihm bevorzugten Protestanten und Fremden hießen die allen dreien gemeinsamen Feinde. Die starke Hand des allmächtigen Ministers zwang die Verbündeten bald wieder sich in die Dunkelheit zurückzuziehen. Sie hatten nichts weiter erreicht, als daß sie mauchem von der protestantischen Kolonie das Leben sauer gemacht und einige schüchterne Seelen, wie Jacobs, aus München vertrieben hatten. Außerdem schien sich die Stellung der Zurückgebliebenen, die bald durch ueue Ansiedler ihre Reihen ergänzten, durch jene brutalen uud heimtückischen Verfolgungen wo möglich noch verbessert zu haben.
Die öffentliche Meinuug des Landes, so weit man damals von einer solchen reden konute, verhielt sich bei jenen Verfolgungen der Münchner Protestanten entweder ganz gleichgiltig, oder entschieden mißbilligend. Das Ideal der Aufklä- rlingsperiode, die unbeschränkteste gegenseitige Toleranz, schien in dem noch vor wenigen Jahrzehnten wegen seines Fanatismus berüchtigten Baieru, wenigstens zwischen Katholiken und Protestanten, bereits realistrt. In geselligen und Familienbeziehungen vermochte kein Confessionsuntcrschied eine Störung hervorzubringen; fast in allen größeren katholischen Orten lebten protestantische Beamte in bester Harmonie mit ihren andersgläubigen Kollegen und der Bevölkerung, und eben so umgekehrt; von Proselhtenmacherei war nirgends eine Spur zu entdecken. Vor allem befleißigte sich die beiderseitige Geistlichkeit der freundschaftlichsten Kollegialität und einer hnmanen Zuvorkommenheit, die beinahe über die kühnsten Tränme eines Nicolai hinüberging. Kurz, wer in jeuen Jahren die bairiscken kirchlichen Zustände beobachtete, konnte mit Fug uud Recht nicht blos dies frühere altbairische Pfasfenthnm, sondern den ganzen exclusivcn und specifischen Katholizismus für immer beseitigt glauben. Au eine mögliche Wiederbelebung der Leiche der protestantischen Orthodoxie war vollends nicht zu denken.
Indessen war doch noch, oder vielmehr wieder eiue strengkatholische Partei vorhanden. Zwar hatte sie sich nach jenen verunglückten Münchner Barthvlomäusnachtscencn in ihre Höhlen verkriechen müssen, aber dorthin konnte ihr das Auge des Ministers nicht folgen und ihre weiteren vorbereitenden Operationen überwachen. Nach seiner ganzen Art hielt er die Sache, nachdem sie äugen-