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Zur neuesten Geschichte Ungarns. II.
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und Bekanntschaften kamen ihnen dabei vortrefflich zu statten. Was half's, daß man den Knoten des Briefgeheimnisses mit dem Säbel entzweihieb? Der Inhalt war immer unschuldig und unverfänglich wie die Angsbnrgcr Allgemeine. So schreibt z. B. ein ehrenwerther Granbart aus Waitzen an seinen Geschäftsfreund in Ke- reßtur:Reb Anschel geht mit 14 Kisten schwerer Waare morgen zn euch auf den Jahrmarkt. Thu' alles was in deinen Kräften steht, damit ihm unsere Freunde seine Waare abnehmen."Verfluchtes Judenpack!" höre ich den Offizier in der Canzlei seines Chefs sagen,das mitten im blutigsten Kriegsgetümmel noch an seine lumpige Waare denkt." Der Geschäftsfreund aber weiß jetzt, daß Reb Anschel (die jüdische Uebersetznng von Alfred, dem Taufnamen des Fürsten) 14 Stück schweres Geschütz mit gehöriger Bedeckung gegen Kcreßtnr beordert, und hat sofort nichts Eiligeres zu thun, als die guten Geschäftsfreunde, die Husaren, die zufällig an der Theiß spazieren reiten, davon zu benachrichtigen. Ist das dann ein Balgen und Raufen um die schwere Waare! Nach zwei Tagen schreibt der Geschäftsfreund aus Kereßtur dem Vetter nach Waitzen zurück:Neb Anschel ist glücklich hier angekommen und hat brillante Massematten (Geschäfte) gemacht. Er hat alle seine Kisten bis auf zwei abgesetzt."

Da hätten Sie denn ein Formular eines magyarisch-jüdischen Siegesbnlletins, das in wenig Tagen seine Runde durchs ganze Land macht. Ist es auch nicht besser deutsch geschrieben, wie eines von den 3« Armcebulletins, mit welchen Melden die Nebellen vernichtet hat, so denken Sie: Gott sieht auf's Herz und nicht auf den Styl. Die Ungarn haben das Herz, uud Melde» den Styl.

Doch ich sprach von einem Telegraphennctze! Ein deutscher Gelehrter, welcher diese wunderbar ungelehrte Abhandlung über die neueste Geschichte Ungarns in einem Winkel des Leipziger Museums liest, rutscht auf seinem Sessel hin und her und beginnt an seiner eigenen Gelehrsamkeit zu zweifeln, denn so viel er auch studirt von ungarischen Telegraphen hat er nie gehört und nun gar ein T e le- grapheunetz, ein ungeheures Netz! Ein deutscher Gelehrter aber, der an seiner Gründlichkeit zweifeln muß, ist ein Minister; der zweifelt, ob er ein Schurke oder bloßer Lump sein soll, ist ein Ruthene; der zweifelt, ob er nicht am Ende doch nnr ein Pole ist, ist der König von Preußen, der in Zweifel ist, ob er denn dochaufgehn" soll, kurz er ist einer der unglücklichsten Menschen der Schöpfung. Dem Manne mnß geholfen werden!

Trösten Sie sich mein Freund im Leipziger Museo. Es gibt keiue Tele- gaphen und gab keine Telegraphen im freien Lande Ungarn, das da grenzt an das starke einige Oestreich noch hente und an daö starke einige Deutschland mit Nächstem. Es gibt da keine Balken- und keine Räder- und keine Fcnerwerks- apparate auf den Höfen, keine Knpferdräthe und elektrischen Batterien in der Ebene und dennoch hatte Kossutl) seine Telegraphen.