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die Errungenschaften des Freiheitskampfcs zu schmälern sucht, und jeden Fuß breit Rechts streitig macht, es auch nicht au Versuchen mangeln läßt, durch Ausdauer und portion- - weise wieder zn bctommeu, was ihr im Sturm und durch Schnelligkeit genommen worden, die aber in der Stndentenschast aufmerksame Beobachter sieht, die die geringste Bewegung nach Rückwärts eifersüchtig zu hindern suchen und bei jedem Eingriff in ihr gutes Recht den Herren auf die Finger klopfen. Es ist ein höchst beschwerlicher Campagnedienst. Immerwährend angegriffen, von vorn und rückwärts geneckt, lmt sie unaufhörlich auf der Hut zu sein — diese Leibgarde der Freiheit. Sie darf nicht schlafen! Und diese ihre Stclluug muß sie, unterstützt von allen Wohldeukenden, so lange behaupten, bis das cvnstitutiouellc Leben in Oestreich geregelt sein wird, und eine Opposition auf gesetzlichem Wege sich wird gebildet haben, bis dahin wünschen wir ihr Glück als dem Vorposten der k. k. östreichischen Opposttionsarmee! SS
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Symptome der Reaction. — Eine Hurter'schc Polizciphrasc. — Maßregeln gegen »>>. Schütte, den ts.luv der VolkSfrcuudc n. A. — Das SichcchcitScomilv i-cr „gute» Bürger." —- Die PculamcntSwlchlen. — BundcSstaat oder Staatcnl'und, — Sendbote,: mich Julien. — Geburtstag des Kaisers. —
Laube'S K->rlSschül-r.
Die Reaction ist in vollem Gang! — Es thut mir weh, indem ich diese Zeilen niederschreibe, aber leider weisen alle Symptome daraus hin.
Einer der ersten Schritte in dieser Beziehung war die Entfernung des Dr. Schütte. Ich habe schon das letzte Mal berichtet, daß er der Regierung ein Dorn im Auge war, weil er die' srciestc ungeschmälertste Entwicklung nnsercr eonstitutivncllcn Institutionen mit beredten Worten predigte. Man warf ihm anch Commuuismus vor; ob der gegründet ist, weiß ich nicht. Jedenfalls war die Art und Weise, wie mau ihn entfernte, eine vollkommene Mißachtung aller cvustitutiouellen Freiheit. Er wurde zur Polizei vorgeladen, und als er dahin fuhr, fetzten sich plötzlich „Polizcivcrtrante," wie man sie hier nennt, mmuiliunl», in seinen Wagen, cscortirteu ihn, nnd alle Anzeichen sprechen dasür, daß er über die Grenze geschickt worden ist. Die Wiener Zeitung spricht zwar in einem amtlichen Artikel davon, daß er aus polizeilichen Vorschlag eingewilligt habe, nach Prag abzureisen. Allein wir ten»eu diese Freiwilligkeit sehr gut; nnd jener Ausdruck erinnert gar sehr an die prächtigen Tiradcn Hnrter'S und Jarkc's aus dem -meien
i'v^iin«. Es steckt etwas Hurtersches in dieser „polizeilichen Freiwilligkeit." ..... Die
Rechtsverletzung liegt nuu in der Entfernung von Wien und ans Oestreich ohne Verhör, Vertheidigung, gerichtliche Procedur, Urtheil. Es ist eine Strafe vx imjii-oviso, ein Stand-recht ohne vorhergegangene Erklärung desselben. Daß diese Entfernung an einem Ausländer geschehen sei, klingt gar schlecht, wenn man die Begeisterung der Bureaukratie für das „einige Deutschland" bemerkt hat. Ein guter Ansang znm „dcutschcu Staatsbürgcrrccht," wenn man einen Dcntschcn „Ausländer" nennt. Das Unpolitische des Schrittes lag darin, daß erst jetzt Schütte zu einer Bedcntcndhcit, zu einer Celc- brität geworden ist, daß mau ihn zum politischen Märtyrer gemacht hat, und das war gewiß das Unklugste, was unser Ministerinn: mir irgend thun konnte. — Dieser Schritt erregte die heftigste Erbitterung, namentlich bei den Studenten, die sich sogleich an Pillersdorff deshalb mit der Bitte nm Erklärung diese« inconstituüouellcn Schrittes wandten, und darauf, als diese Erklärung nicht genügte, einen sehr heftigen und scharfen Protest gegen diese Vcrfahruugswcisc bei dem Ministerium selbst und beim Erzherzog Franz Carl einlegten. PillcrSdorff entließ sie mit dem Endresultat, er werde die Sache untersuchen lassen, könne aber nicht versprechen, daß er das Resultat dieser Untersuchnng bekannt machcu werde. Zum Kaiser konnten sie nach mehrfachen vergeblichen Versuchen nicht gelangen. Ucbrigens hielten sie sich bei diesem Protest durchaus nur an das Princip und die Verfahruugswcisc, indem sie von der Person, an der diese Rechtsverletzung be-