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Der unglückliche Hofmeister oder Wie es in Böhmen noch ist : Novelle. I. Der Reisewagen.
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Was unterstehen Sie sich, impertinenter, frecher Mensch, in das Schlafzim­mer meiner Schwester zu kommen?"

Ihre freiherrlichen Gnaden!" stotterte der Hofmeister.

Es ist nichts, Amalie!" versicherte die Baronin,gar nichts mir hat Jemand auf den Fuß getreten."

Die Gräfin winkte nun beruhigt dem Operateur zu, daß er entlassen sei und verriegelte selbst die Thüre hinter ihm, während sie ihre Schwester noch einige wohlgemeinte Vorwürfe über diese Vergeudimg ihres Vertrauens machte. Die Barouin hatte aber für den Jüngling, der bald das Opfer seines Gehorsams geworden wäre, eine stille Theilnahme gefaßt; sie beschloß schon den andern Morgen ihm einen Beweis zn geben, daß sie seine stille Tugend zu würdigeu wisse und mit der Garderobe des Gemahls auch die des Hauslehrers zu vervollständigen. Er sollte bei seinem ersten Debüt im freiherrlichen Schlosse zu Nischlowicz nicht kümmerlich, nein, blühend uud strahlend auftreten, uud bei dem ersten Besuch in der Nachbarschaft von sich reden machen.

Theodor erstaunte daher nicht wenig, als der Schneider und szwar der Buchhalter des fashivnablen Herrn Krach, der den Grafen selbst bediente, mit vieler Artigkeit bei ihm erschien uud ihn ersnchte, sich Maaß nehmen zn lassen. Theodor erröthete bis über die Angen, als er die gnädige Fürsorge seiner Gönnerin erfuhr uud giug in confuser Stimmung in den Salon, nm ihr zn danken.

Dic erste Prüfung. ' ,

Beide Damen waren mit Jaromir cmsgefahren, im Salon befand sich Niemand als der Papagey uud Betti, das Stubenmädchen der Baronin, die etwas aufgeräumt hatte. Betti war eines jeuer frischen blühenden Mäd­chen, die in Böhmen häufiger find, als iu irgend einem Lande der Welt, brauubackig, hatte ein rundes Gesicht mit kecken brannen Augeu, und war je­derzeit guter Dinge. Sie hatte den neuen Hofmeister, ohne daß er es ahnte, bereits prvtcgirt, iudcm sie der Barouiu beim Ankleiden schon gestern zuge­redet hatte, ihu zu behalten. Betti war die Tochter des herrschaftlichen Bräuers, uud diente eigentlich nnr um sich zn bilden. Sie war Wenzels, des Jägers, vollends überdrüssig geworden, als sie sah, wie iu Prag ein Büchsenspanner keineswegs eine so hervorragende Persönlichkeit sei, wie auf dem Lande, wo Wenzel sogar dem Oberförster Widerpart hielt. Die böh­mischen Mädcheu haben alle Sinn für Musik und Poesie thuen haben wir die tausend süßen Lieder nnd Melodien zu danken, die noch heute aus allen Fenstern, auf allen Wiesen und Bergen klingen Wenzel aber war