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Ein Besuch bei Itzstein in Hallgarten.
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Wasserfahrt bringt mich in den Menschen eine Aufregung zu Stande. Wir stehen am Ufer, das Brausen der Maschine, der rasche Schlag der Räder verhallt, die aufrollenden Wellen, die die festgebundenen Kähne hin- und herschaukcln, branden zum letzten Male, Alles ist still und geklärt, die Menschen gehen ruhig ihrem Leben nach. Wir sind von einer bewegten Welt in eine beruhigte getreten.

Suchen wir bei dem nahen, behäbigen Wirthe, der den bezeich­nenden Eigennamen Beyderlinden führt, eine Hcrzstärkung. Das ist treffliches Rheingauer GewächsDa ist Musik d'rin," sagen sie hier zu Lande. Der Wirth zeigt uns den Weg nach Hallgarten bis vor den Ort, und dann können wir nicht mehr fehlgehen. Wir stei­gen die Rebenhügel hinan, sie blühen und ihr Duft erquickt die Seele. Wir grüßen die Natur um uns her freundlich, wir sind ihr verwandt, ihr Saft strömt durch unsere Adern. Es ist ein heißer Morgen. Das Menschenkind darf der brennenden Sonne nicht grol­len, sie kocht ihm den Feuerwein. Nur noch diese Windung hinan, dort oben liegt Hallgarten und dort am linken Ende Jtzstein's Gut.

Hallgarten ist seit der edel gehaltenen Erklärung v. Jtzstein's ein nationalgeschichtlicher Name geworden. Von den Besten aus allen Gauen Deutschlands haben schon dort geweilt. Kein Rhein­fahrer wird während der nächsten Zeit auf den grünen Wellen da­hingleiten, ohne jene Hügel zu grüßen, von denen ein so mannhaf­tes Wort ausging.

Machen wir einen Halt und sammeln wir uns. Haben wir ein Recht, die Thüren dieses gastfreundlichen HauseS so weit zu öff­nen, daß alle Welt hinein schauen kann?

Seit Jahrhunderten bildet das umfriedete Familienleben den ein­zigen Hort deutschen Geistes; er hat alle seine Schätze hinein versenkt, die Wellen der Geschichte rauschen darüber hin und lassen sie still am Boden ruhen. Jetzt aber muß der versenkte Hort gehoben wer­den. Nicht aus pikanter Anekdotenkrämerei, nicht aus pietätslosem Haschen nach Verborgenem, sondern im Dienste der Oeffcntlichkeit, die wir jetzt wieder zu erringen streben, haben wir ein Recht, von den öffentlichen Charakteren alles das kund zu geben, was als Folie und im Zusammenhange mit ihrer Bedeutung für das Allgemeine angesehen werden darf. Hierbei kann nur der gesunde Tact maaß­gebend sein. Ich hoffe, ihn nicht zu verletzen.