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sein gesundes Drama ohne die Zuthat dieses sinnlichen Reizmittels mehr auf. kommen zu können scheint. Auch in Rom unterlagen Tragödie und Komödie schon zu Anfang der Kaiserzeit den Pantomimen, nachdem sie kaum angefangen hatten, sich selbstständig zu entwickeln. Bei Festen von religiöser Bedeutung, wo die Pantomimen fehlten, erwähnt schon Tacitus zu Neros Zeit die geringe Betheiligung des Publicums an dramatischen Stücken, und nach Juvenal verkauften die besten Dichter ihre Stücke an Pantomimen, um dem Hungertod zu entgehen. Wenn es einst auch in Deutschland so weit kommen sollte, dann fteilich deutete auch dieses Zeichen-der Zeit, wie in der späteren Kaiserzeit, hin aus den Verfall, auf die kommende Auslösung. H. G.
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Von der preußischen Grenze.
Sämmtliche Parteien Preußens, mit Ausnahme der Krcuzzeitung, sind darin einig, daß der Kernpunkt des neuen Staatslcbens, welches das gesammtc Volk mit sreudigem Jubel begrüßt, in den goldenen Worten des Prinzrcgenten zu suchen ist: „Wenn in allen Rcgicrungshcmdlungcn sich Wahrheit, Gesetzlichkeit und Konsequenz ausspricht, so ist ein Gouvernement stark, weil es ein reines Gewissen hat." Freilich hofft man zugleich auf ein kräftigeres Auftreten nach Außen, aus eine gleichmäßigere Berücksichtigung der Interessen der verschiedenen Lolksclnssen im Innern, aber die Hauptsache bleibt, daß die Periode der rettenden Thaten aufhört, und die Herrschaft des Gesetzes ohne alle Ncbcnrücksichtcn auf politische Convenicnz beginnt. Eine strengere Scheidung zwischen der discretionären Potizeiverwaltung und der Justiz und eine Unterordnung der ersteren unter die letztere ist die gerechte Forderung des preußischen Volks, ist der Hauptpunkt im Programm des neuen Ministeriums. Die Handlungen desselben entsprechen bis jetzt diesem Programm auf eine erfreuliche Weise, und unter die bedeutendsten derselben rechnen wir den neuesten Erlaß aus dem Ministerium des Innern über die Anwendung des Gewerbegesetzes aus die Presse. Man sollte an der Form dieses Erlasses nicht mäkeln. Ein rücksichtsloses Auftreten der neuen Regierung "gegen ihre Vorgänger ist um so weniger nöthig, je fester sie Schritt vor Schritt, wenn auch langsam, die Fundamente des Rechtsstaates wieder herstellt.
Die Presse hat diese Rücksicht nicht zu beobachten, und es ist für sie ein trauriges aber unvermeidliches Geschäft, die Nothwendigkeit einer Reform aus dem, was bisher geschehn ist, nachzuweisen. Die Kreuzzeitung wird nicht müde, zu versichern, daß keine Reform nöthig sei, daß von Ucbergriffen der Polizeigewalt überall keine Rede gewesen ist, und es ist um so wichtiger, sie durch Thatsachen zu widerlegen, da der volle Umfang des Uebels auch in den Kreisen des preußischen Beamtenthums wol nur sehr wenig bekannt sein mag. Freilich ist es ein sehr undankbares Ge-