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Koloniale Spiegelbilder mit besonderer Berücksichtigung Samoas :
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Koloniale Spiegelbilder mit besondrer Lenicksichtignng Sanioas

Der Mangel an richtigem und genügendem Verständnis für unsre Kolo­nien ist sehr erklärlich, denn tatsächlich fehlen noch die Erfahrungen, und vor allem zuverlässige äußere Zeichen der Entwickluug. Gerade die Symptome aber, die am meisten hervortreten, vorzugsweise bemerkt werden und der Kritik dienen: die Gründung vou Gesellschaften und deren Fortschritte, wareil mit wenig Ausnahmen bisher leider nicht sonderlich geeignet, für wirtschaftliche Be- tätigung und praktisches Interesse zu begeisteru, und um die nach den bis­herigen Erfahrungen weit ersprießlichern lind nutzbringenden stillen Pionier­arbeiten einzelner tüchtiger Kolonisten kümmert sich die Allgemeinheit wenig viel zu wenig; denn das schätzbarste Kolonisationstaleut der Dentschen liegt, wie die Entwicklung überseeischer Gebiete lehrt, weuiger iu großen Unter­nehmungen als in der zähen, anspruchslosen Arbeit und Ehrlichkeit des Ein­zelnen. Auch die Bedeutung Scimoas können wir positiv oder negativ bisher eigentlich nnr nach den Erfolgen derDeutscheil Handels- und Plantagen- gesellschcift der Südseeinseln zu Hamburg" beurteilen; alle neuern Unter­nehmungen sind noch zu jung und erlauben deshalb keine zuverlässigen Schlüsse.

Während Samoa und die Südsce überhaupt dein genialen Handelshaus Gvdeffroy <K Sohn jahrelang, etwa bis 1874, also in dessen erster Südsee- erobernngszeit, großen Gewinn abwarfen, wirtschaftete dessen Erbin, die Deutsche Handels- und Plantagcngesellschaft zu Hamburg, bis 1894 fast ohne solchen, da sie bis 1889 aus den Einnahmen ihre Pflanzungen erweiterte und erst seit 1894 die eigentliche Ernte begann. Diese wurde durch die schwierigen politischen Verhältnisse und andre Umstände nachteilig beeinflußt uud ver­zögert. Seitdem durften die Teilhaber mit dem Erfolge (12 Prozent Dividende) zufrieden und berechtigt sein, noch viel bessere zn erwarten; wenn sie aus­bleiben, darf nlan Samoa selbst daran nicht die Schuld geben.

Daß Samoa fruchtbar und für Tropeukulturen in hohem Maße geeignet ist, beweisen vor allem, oder bisher allein, rationelle Versuche und Kulturen in kleinen: Maße, wo richtige Auswahl des Landes, sachgemäße Behandlung der verhältnismäßig einfachen Betriebe vorhanden und ausreichende Kenntnis der Verhältnisse mit genügend Arbeitskrast vereint waren. Wie ich schon im zweiteil und vierten Jahrgang derBeitrage zur Kolonialpolitik und Kolonial­wirtschaft" bemerkt habe, und wie es auch anderweitig oft genug rühmend anerkannt wordeil ist, hat der Verwitterungs- und Verwesungsboden Samoas ein außerordentlich hohes und vor allem für tropische Dauerkulturen geradezu unerschöpfliches Produktionsvermögen. Aber anch hier gibt es mehrereaber," wie die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft ans schlechten Erfahrungen gelernt hat.

Man muß sich vor der Anlegung von Pflanzungen vergewissern, ob die sonst nötigen Bedingungeil auch vorhanden sind. Das ist zwar eine unsern Landwirten so selbstverständliche Erfahrungsregel, daß ihnen diese Erwähnung hier überflüssig erscheinen könnte; und ein tüchtiger Landwirt würde wahr­scheinlich, auch unter jenen abweichenden Bedingungen, Fehler vermeiden; da solche indessen gemacht worden sind und vielleicht immer noch geinacht werden, andrerseits die Kolonisten, auch die Pflcmzer, keiueswcgs immer erprobte Land­wirte sind, so ist eine Mahnung iu dieser Richtung sehr geboten.