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Deutsche Rechtsaltertümer in unsrer heutigen deutschen Sprache : (Fortsetzung) : 2. Privatrecht (Allgemeine Lehren; Familienrecht: Verwandschaft, Vormundschaft, Eherecht; Erbrecht)
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Deutsche Rechtsaltertümer in unsrer heutigen deutschen Sprache

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Personen handelt. Sprachgeschichtlich interessant sind zunächst schon fast sämt­liche jetzt noch fiir den rechtskräftigen, auf Lebenszeit geschlossenen Bund zwischen Mann und Weil, sowie auch fiir den feierlichen Akt seiner Eingehung gebräuchlichen Worte wieEhe,"Heirat,"Vermählung" undHochzeit," da sie alle ursprünglich iu einem cmderu, und zwar weiteru Sinne gebraucht worden find.

Um mit dem AusdruckeHochzeit" (mhd. IiSodÄt) als dem verhältnis­mäßig einfachsten zu beginnen, so bedeutete er zunächst ganz allgemein jede hohe," d, h. festliche Zeit, Festzcit, Fest, Feierlichkeit, besonders auch Gelage bei Hofe (vgl. dieUüobM/utsn" aus dem Anfange des Nibelungenliedes) und wurde erst allmählich (etwa seit 1200) auf die festlichen Vorgänge bei der Ver­mählung beschränkt. Obwohl das Wort schon von Luther nur noch so gebraucht wird, hat es sich doch vereinzelt noch bis ins siebzehnte Jahrhundert anch iu dem frühern Sinne zu erhalteil vermocht. Noch auffälliger erscheint die Begriffsvercngcrnng, die im Laufe der Zeiten das WortEhe" (ahd. c^vu., altsächs. Zo, mhd, Z, seltener övv) erfahren hat. Denn seine Wurzel findet man bei fast allen germanischen Stämme,: (mit Ausnahme nur der Nordländer) als die uralte Bezeichnung derFriedens- und Rechtsordnung im objektiven Sinne" (Gesetz, gesetzliche Ordunug, Vertrag! vergl, das latein. a-vPirun). Noch das Volksrecht der sogenannten chmnavischen Franken hieß!K>vt>. OIul,rnn.voi'um." Im modernen Sinne sollEhe" zuerst von dem St, Galler Mönche Nvtker Labeo (gestorben 1022) gebraucht wordeu sein, aber noch bis Luthers Zeit war es allgemein üblich, damit auch das Alte und das Nene Testament (Bund, Zeugnis) zu bezeichnen (so u. a, in StrickersPfaffe Amis," v. 362von ckor nnnvc» ß" und im Sachsenspiegel II, Art. 66, H 2), ja sogar in der Neuzeit erinnern uns noch einige Ausdrücke au den Grundbegriff. Diesen kann man z. B. noch erkennen in dem PersonennamenEwald" oderEward" (tz^u't, d. i. der Hüter des Rechts, des Gesetzes), ferner in unserm Eigenschafts­wortecht" (znsammeugezogeu aus dem niederd. öli^c-Iit, mhd. izlreckt), das zu­nächst nur soviel wiegesetzmäßig" bedeutete, worauf mich dasechte Ding" und dieechte Not" des altdeutschen Prozeßrechts (ein juristischer Kunstansdruck für ein gesetzliches Hindernis des Nichterscheinens vor Gericht) sowie dieEcht- losigkeit" (vonechtlos," mhd. «zcmwio« oder öln«), d. h. der Zustand des Friedlosen oder Geächteten, hinweisen. Die mittelhochdeutsche Form Aia.i't (wo­vondie Ehehaften" rechtsgiltiges Hinderuis uudEhaftrecht" oder Ehafttaiding" als Bezeichnung für ländliche Ncchtsanfzeichnnngen, Wcistümer) erscheint heute allerdings schon gänzlich veraltet, dagegen find dieEhehalten," eigentlich mirdie, die ein gesetzliches Verhältnis wahren," namentlich im bayrisch-österreichischen Dialekt fiir die Gesamtheit des Gesindes, die Dienstboten, noch bis in die neuste Zeit im Gebrauche geblieben. Nicht ganz sicher ist es, ob auch das Adjektivewig" (vou mhd. Zwo ^ Ewigkeit, vergl. das verwandte lat. a-kvrmr und das griech. und äs,') auf das althochdeutschev^g," zurück­geführt werden darf. Die Hypothese wäre sonst sehr verführerisch, da man daraus schließen köuute, daß gerade die Germanen der Menschheit eine neue sittliche Auffassung der Ehe gebracht hätten, insofern ihnen in höherin Sinn als andern Völkern die Ehe als unauflöslich, ewig gegolten habe.

Weniger bedeutsam, aber immerhin eigentümlich erscheint der allmähliche Bedeutungswechsel, den das WortHeirat" (ahd. und mhd. turnt), zusammen­gesetzt aus dein ahd. In>v», Gatte, Knecht (vgl. UrwÄ, Gattin, und got. boi^Ä, Haus. Haushaltung), und iÄt, Rat iu der ältern Bedeutung:das, was jemand all Mitteln zur Befriedigung seiner Bedürfnisse zu Gebote steht" (wie uoch in Vorrat, Hausrat, Unrats vgl. auch Gerät, zu Rate halten. Rat schaffeit u. a. m.), durchgemacht hat, indem es von dem einstigen weitem BegriffHaushaltungs­vorrat,"Hausbesorguug,"Hauswesen eiuer Familie" zu dem desEhestands," dann besonders zurSchließuilg einer Ehe" übergegangen ist. Bei dem Aus­druckeVermählung" (von vermählen, spütmhd. voriuslisIcM, gewöhnlicher