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darlegt." Dann wurde aber in der zweiten Lesung über diesen Beschluß wieder ein lebhafter Redekampf unternommen; man hielt die Fassung für zu weitgehend: in solchen Akten haudle es sich oft um die „delikatesten Familienangelegenheiten" (!); man müsse deshalb die Befugnis zur Akteneinsicht einschränken, sie mehr von dein Ermessen des Gerichts abhängig machen. Der Erwägung, daß man bisher ja ohne solche Bestimmung ganz gnt ausgekommen sei, und daß sich nnter zehntausend Vormundschaftsaktenstücken noch nicht eins befinde, worin „delikate Familienangelegenheiten" verhandelt würden, entzog sich die Mehrheit der Kommission; sie nahm schließlich eine Bestimmung (jetzt Paragraph 34 des Gesetzes) dahin an: „Die Einsicht der Akten kann jedem insoweit gestattet werden, als er ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht." — Kanm war das Gesetz veröffentlicht, als sofort die Frage aufgeworfen wurde, was denn der Sinn dieser in der Kommission heiß um- strittnen, dabei völlig unnötigen Bestimmung sei; ob die Fassung: „kann . - gestattet werden" bedeute: die Gestattung häuge rein vom Belieben des Richters ab, dessen Entscheidung dann selbstverständlich unanfechtbar ist; oder ob die Kommission mit ihrer Fassung ein Recht auf Akteneinficht habe festsetzen wollen, dessen Beeinträchtigung durch Beschwerde anfechtbar ist. Bei dem unklaren Wortlaut des Kommissionsbeschlusses nahmen die einen das erste, die andern das zweite an, und tntsächlich konnte jeder sich für seine Ansicht auf die Erörterungen in der Kommission berufen, die deutlich ergeben, daß sich die Kommissionsmitgliedcr selbst trotz aller Nedekämpfe (es waren drei Anträge wegen der Fassuug gestellt) über diese Nächstliegende Frage nicht klar geworden waren! Nachdem viel Papier verschwendet worden war über die Frage, was sich die Kommissionsmitglieder eigentlich bei dieser im Grunde genommen sehr nnnötigen Bestimmnng gedacht hätten, kam schließlich auch der höchste Preußische Gerichtshof, das Kammcrgericht, in die Lage, einen Beschluß darüber zu fassen, ob die Aussicht, jemand zu beerben, ein berechtigtes Interesse zur Akteneinsicht darstelle, und ob sie in dem unklaren Kommissionsbeschluß als ein Recht der Beteiligten ausgestaltet oder iu das Beliebe» des Richters gestellt sei. Noch heute sind die Ansichten hierüber geteilt; die „Technik des Rechts" ist eben nicht jedermanns Sache, und wer nicht in ihr erprobt ist, der sollte die Hand von gesetzgeberischen Vorschlügen lassen, am allermeisten aber von Vorschlügen zu gesetzlichen Bestimmungen, die durchaus entbehrlich sind, und ohne die man auch bisher ganz gut auskam.
6. Das Rcchtsgebiet, auf dem Wohl am meisten „stille Gesetzesrnh" herrscht, ist das Verlagsrecht; obwohl doch in Deutschland jährlich etwa zehntausend Verlagsverträge geschlossen werden, so entsteht schwerlich cmch nur aller zehn Jahre ein Rechtsstreit aus einem Verlagsvertrag. Schriftsteller nnd Verleger sind nun einmal friedliche Leute, wenigstens in dem Verhältnis zu einander, und wenn das Wort des verstorbnen Reichsgcrichtsrats Bähr richtig ist, daß wie die beste Frau die ist, über die man am wenigsten spricht, so auch das beste Gesetz das ist, über das man am wenigsten spricht, so müssen die wenigen Landesgesetze, die beim Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Verlagsrecht in einzelnen Staaten ordneten, ganz vortreffliche gesetzgeberische Leistungen