H a f tp fl i ch t v e r si ch e r l u i g
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auch gegen midrc Haftpflichtfälle. Mit Recht beiuerkt man dagegen, daß durch solche ihrem Charakter fremde Geschäfte die Solidität der Bcrnfsgenossen- schnftcu leiden muß. Inwieweit die Privatversicheruugsgescllschaften dnrch dieses Recht der Bernfsgenossenschaften beeinträchtigt iverden, läßt sich zur Zeit noch nicht übersehen. Jedenfalls werden die größern Gesellschaften, die innerlich genügend gefestigt sind, eine etwaige Krise leicht überwinden.
Eine solche ist aber auch deshalb weniger zu fürchten, weil die Haftpflichtversicherung täglich an Wichtigkeit gewinnt. Die bedeutende Entwicklung, die Industrie und Verkehr schon gewonnen haben nnd bei den fortgesetzten Erfindungen immer noch uehmen, erhöhen die Gefahren für das menschliche Leben und verschärfen damit die Haftpflicht. Ein besondres Haftpflichtrccht für die Automobilbesitzer, entsprechend dem für die Eisenbahnbetricbsunternehmer, ist nur noch eine Frage der Zeit. Nnd schon werden Stimmen laut, die fordern, daß man die Nadfahrer einer strengen Haftpflicht unterwerfen müsse. Dazu kommt, daß in den Nechtsgebieten Deutschlands, in denen das französische Recht keine Geltung hatte, das Bürgerliche Gesetzbuch die Haftpflicht ganz bedeutend verschärfte. Nicht mir der Einzelne ist haftpflichtig, wenn er durch seine eigne Fahrlässigkeit — der Vorsatz bleibt für die Versichernng außer Betracht —, sondern'nnch dessen Angestellte (Paragraph 831 B.G.B.) nnd die seiner Aufsicht Uuterstellteu (Paragraph 832 B. G. B.) einen Schaden verursachen, wenn er nicht den in diesen Paragraphen normierten Gegenbeweis zu führen imstande ist, was keineswegs immer leicht erscheint. Außerdem besteht eine strenge Haftpflicht für Tiere (Paragraphen 833 und 834 B. G. B.) und für den Einsturz von Banlichkeiten (Paragraphen 836 bis 838 B. G. B.), ferner eine Haftpflicht für Wildschaden (Paragraphen 835 B. G. B.). für die bis jetzt keine Versichernng besteht, aber keineswegs nnmöglich wäre; auch ist die Ausgestaltung der Beamtenhaftpflicht (Paragraph 839 und 841 B. G. B.) eine das Vermögen nicht wenig bedrohende Neuerung. Die Haftpflicht der Lehrer, namentlich soweit Paragraph 832 B. G. B. in Betracht kommt, hat große Beunrnhiguug in deren Kreisen hervorgerufen. Daneben existiert außer dem Haftpflichtgesetz eine Reihe von Reichs- und von Landesgesetzen ^ die eine Haftpflicht für Personen- nnd für Verinögensbeschädigung begründen.") Diese gesetzlich so sehr ausgedehnte Haftpflicht bekommt einen geradezu unheimlichen Charakter, wenn man die dein Haftpflichtigen so wenig günstige Praxis der Gerichte iu Betracht zieht. Dazu kommt die Unsicherheit, die juristische Tüfteleieu bei der Ausdehnung der Haftpflicht in der Lehre vom Kausalzusammenhang geschaffen haben, die infolgedessen zu den schwierigsten des ganzen bürgerlichen Rechts gehört. Daß für unmittelbaren Schaden gehaftet wird, steht außer Zweifel; dagegen ist bestritten, wie weit sich die Haftung für mittelbaren Schaden erstreckt. Ich kann hier auf diese Dinge nicht Mer eingehn uud will nur zeigen, wie große Gefahren die Haftpflicht dem
Vgl. über diese Frage, soweit die Beschädigung von Personen in Betracht kommt: Las; und Mnier, Haftpflichtrccht und Reichsversicherungsgeseygebung. 2. Aufl. (München, 1902). Weinrich, Die Haftpflicht wegen Körperverletzung und Tötung eines Menschen. 2. Aufl. Berlin, 1902).