Du' Landflucht d>-r Richici^
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gieruug auch deshalb, weil das Netz der Handelsverträge erweitert werden mnß, weil eine gründliche Anseinandersetzung mit den Vereinigten Staaten und andern Läuderu einmal zu erfolgen hat und voraussichtlich durch eiuc Einschränkung der Meistbegüustigung erfolgen wird. Hoffen wir, daß bei allen diesen Arbeiten über unsrer auswärtigen Handelspolitik ein guter Stern lcuchteu möge.
Die Landflucht der Richter
u der ueunzehuteu Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 12. Februar sprach der Abgeordnete Jürgenseu sein Bedauern darüber aus, daß die preußische Justizverwaltung so häufig Versetzungen aus kleinern ländlichen Bezirken eintreten ließe, nachdem manchmal der Amtsrichter erst 1"/,, Jahr an einem Orte gewesen wäre. Der Redner legte dann an Beispielen dar, daß die Gesetzgebung dem Amtsrichter eiue einflußreiche Stelluug zugedacht habe, die jedoch nur dann erreicht werden könne, wenn der Richter eine längere Reihe von Jahren in seinem Bezirke bliebe und mit der Einwohnerschaft verwüchse. Der Justiz- minister erwiderte, daß ihm der Vorredner ans dem Herzen gesprochen habe, daß er selbst eine Frist von zehn Jahren für vorteilhaft halte, daß aber bei den Versetzungen die Gesundheitsverhältinsse, die Wohnungsfrage nnd die Kindererziehung eine große Rolle spielten, uud daß er im übrigen für die Beständigkeit der Richter einträte.
Die Stellung der Richter in kleinen Orten ist allerdings höchst eigentümlich und einflußreich nnd hat deshalb mehr oder weniger jedem jungen Juristen einmal als Lebensideal vorgeschwebt, denn sie gewährt eine Machtfülle, eine Unabhängigkeit nnd Bewegungsfreiheit, wie sie sonst im Beamtentum so leicht uicht wiedergefunden werden. In frühern Zeiten war es darum nicht selten, daß ein Richter seine ganze Dienstzeit an einem und demselben Orte verbrachte und tatsächlich mit der Einwohnerschaft verwnchs. Dieser Zustand hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert, und wie man von einer Landflucht der Arbeiter spricht, kaun man mit demselben Rechte von einer Landflucht der Beamten im allgemeinen nnd der Nichter im besondern reden. Der Drang nach den großen Städten hat in diesen Kreisen in bedaueruswcrter Weise zugenommen, uud die Gründe, die für die Versetzung vorgebracht werden, siud meist nur insoweit berechtigt, als sie vom Justizminister betont worden sind: Gesundheits- und Wohnungsverhältnisse nnd Kindererziehung. Aber auch bei diesen Einflüssen läßt sich zu Gunsten der Kleinstädte noch manches anführen, wenn man von Einzelfällen absieht, die nicht in Frage kommen und als Ausnahmen gelten. Die Gesundheit des Richters, sollte man meinen, gedeihe bei kleinen Gerichten besser als bei den großen, mit Arbeit überlasteten, wo nur noch mechanisch gearbeitet und die Kraft schnell verbraucht wird. Der gauze Geschäftsbetrieb dort erlaubt kaum noch, daß sich der Richter mit Ruhe in