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Zollvereine : der mitteleuropäische Zollverein - Der Imperialismus in England- Panamerika :
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Hollv^lX'im'

neu erworbnen mittelamerikanischen Inseln und der Philippinen arbeitet, weil man die zollfreie Konkurrenz dieser Länder nicht haben will, so muß man sich sagen, daß bis zu Pauamerika uoch ein weiter Weg ist.

Viel wahrscheinlicher ist ein Bund der südamerikanischen Staateu, und der würde erst recht eine Zvllvereinigung mit Nordamerika verhindern. Denn es herrscht in Südamerika in der Tat ein großes Mißtrauen gegen die Ver­einigten Staaten. Solche Imponderabilien muß man doch sehr beachten, wenn man abwägt, ob eiu panamerikanischer Zollverein kommen wird oder nicht.

So sehen wir, daß in den beiden großen Weltreichen uud Europa wohl Strömungen vorhanden sind, sich zu erweiteru und die einzelnen Teile enger aneinander zu schließen, aber zugleich erkennen wir, daß wegen dieser großen Zollvereine die nächste Zukunft keine Befürchtungen für uns birgt. Frei­lich bleibt auch ohne das unsre Lage schwierig genug. Daß sich diese drei Reiche schon heute auf eine ungeheure Landmasse stützen, ist Tatsache, nicht minder, daß Rußland und Amerika den Zollschutz aufs rücksichtsloseste hand­haben, und die Vereinigten Staaten eine immer größere Rolle in der Welt­politik spielen. England hatte nach dem Verlust der amerikanischen Kolonien eine Landflüche von drei Millionen Quadratkilometern, heute ist Grvßbritanuicu 28,1 Millionen Quadratkilometer groß. Rußland ist in hundert Jahren von 18 auf 22,2 Millionen Quadratkilometer angewachsen; die Vereinigten Staaten von 1,8 auf 9,8 Millionen Quadratkilometer. Die Bevölkerung Großbritanniens betrug 1815 : 59,6, 1902 : 397,4 Millionen, die von Nußland 1782 : 28, 1902 : 131'Millionen, die der Nordamerikanischen Union 1790 : 3,9, 1902 : 82,6 Millionen Menschen.

Dem gegenüber bleiben wir trotz aller geistigen uud materiellen Ent­wicklung noch klein genug, und vor allem bleiben wir unbedingt auf das Aus­land angewiesen. Wenn uns auch die Zollvereinspläue in Großbritannien uud Amerika Wohl vorläufig keine Gefahr bringen, sie liegt allein schon in dem Bestehn dieser Staaten und Nußlands in ihrer heutigen Forin. Vor allem sind die Vereinigten Staaten längst nicht in dem Maße gezwungen, den immerhin gewagten Versuch mit einem großen Zollverein zn machen, wie Europa und Großbritannien. Die in den Vereinigten Staaten noch vorhandnen jung- frünlichen Kräfte sind so groß, daß sie allein für die nächste absehbare Zeit, für die sich eine praktische Politik einrichten läßt, ein schnelles Wachstum der wirtschaftlichen und, was vielleicht uoch wichtiger ist, der geistigen Knltur ver­bürgen. Auch ist wohl zu beachten, daß es sich in Europa nur um die Bildung eines großen Zollvereins handeln kann, ohne irgend eine weitergehende politische Zusammenfügung der beteiligten Staaten, während in Großbritannien ausgesprochen nnd in Amerika versteckt an einer Ausbreitung der politischen Macht gearbeitet wird : ein Zollverein ist dort nur das Mittel, wenn auch ein wichtiges. Der deutschen Regierung erwächst also, sobald wir die Verhältnisse einmal von diesen Standpunkten aus prüfen, ganz abgesehen von andern Schwierigkeiten in dem Augenblicke, wo sie jetzt an den Abschluß neuer Handels­verträge geht, eine schwere Aufgabe, und ob wir ihre Lösung ohne Zollkriege erlangen, erscheint beinahe zweifelhaft. Schwierig ist die Aufgabe der Ne-