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Die Stellung Schwedens und Norwegens im europäischen Konzert
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Shakespeares Falstaff vom medizinischen Standpunkt aus betrachtet 461

zu Dänemark sind gut; aber es scheint doch vor der Hand ausgeschlossen zu sein, daß die drei skandinavischen Reiche wieder die alte Union bilden werden, ebenso ausgeschlossen wie die Bestrebungen, sich die Neutralität zn sichern.

Shakespeares Falstaff vom medizinischen Standpunkt aus betrachtet

von August Müller in München-Gladbach

er Theaterbesucher ist gewohnt, den Falstaff Shakespeares für eine komische Figur zu halten, uud er hat bei oberflächlicher Be­trachtung Ursache genug dazu. Man stelle sich nur den dicken Ritter vor, wie er mit einem Kissen auf dem Kopfe und einein Dolche in der Hand den König Heinrich spielt, oder man denke an seinen Kampf in der Schlacht von Shrewsbury: Der kühne Schotte, Archibald Douglas, greift ihn an, nnd er läßt sich sofort wie tot hintcnüberfallen; Douglas und die übrigen Kämpfer entfernen sich, Falstaff hebt vorsichtig seinen Kopf in die Hohe und sieht sich nach allen Seiten um; nachdem er sich vergewissert hat, daß die Lnft rein ist, wälzt er sich langsam auf seiue Vorder­seite und richtet sich mit der seinem schweren Bauch entsprechenden Mühe in die Höhe. Die überwältigende Komik dieser Szenen ruft bei jeder Aufführung brausendes Gelächter hervor. Und solche Züge sind nicht etwa vereinzelt, im Gegenteil: Falstaff bietet ihrer so viele dar, daß ihm an Größe der komischen Wirkung keine andre Bühnenfigur an die Seite gestellt werden kann.

Aber trotzdem ist Falstaff keine komische Figur, er muß vielmehr durchaus ernst genommen werden, denn Shakespeare hat uns in ihm gewissermaßen das typische Bild eines Kranken dargestellt. Um uns über das Wesen seines Charakters Kar zn werden, wollen wir deshalb seine ganze Erscheinung, wie sie uns der Dichter vorführt, von diesem Standpuukt aus untersuchen.

Werfen wir noch einen Blick auf die beiden eben angeführten Szenen, so ist klar, daß dort die Komik in der Situation liegt, aber es ist durchaus uicht alles Situationskomik, was uns bei Falstaff zum Lachen bringt. Er hat auch Witz, und seine Witze sind nicht selten geistreichster Art. Man erinnere sich nur an die Motivierung seines Benehmens in der Schlacht:Das bessere Teil der Tapferkeit ist Vorsicht, und mittels dieses bessern Teils habe ich mein Leben gerettet," oder cm seine Antwort auf die Vorhaltung des Grafen Westmoreland: Aber mich dünkt doch, Sir John, sie (eure Truppen) sind uugemein arm­selig uud ausgehungert, gar zu bettelhaft." Falstaff antwortet:Mein Treu, was ihre Armut betrifft, ich weiß nicht, woher sie die haben, und das Hungern ich bin gewiß, das haben sie nicht von nur gelernt." Er sprüht geradezu vou Witzeu; man kann mit vollem Recht die Spitze der Worte umkehren, mit denen er sich selbst charakterisiert:Er ist nicht bloß Ursache, daß andre Witz haben, er ist auch selbst witzig."