Galizien
aS Sprichwort sagt: Aus Galizien hört man selten etwas, nnd wenn man etwas hört, dann sicher nichts Gutes. Die Klage über die Armut des Landes ist ebenso alt wie begründet, aber die Mittel zur Hebung des Wohlstandes, die falsche Apostel in Umlauf gebracht haben, haben nur noch größern Ruin herbeigeführt. Ein deutscher Reichsratsabgeordneter hat festgestellt, das; allein seit der Einführung der öffentlichen Nechnungsablcgung in Osterreich der Gesmnt- staat unter verschiedncn Titeln über vier Milliarden Gulden au das ewig Passive Königreich Galizien gewcmdt hat. Trotzdem sind die Kulturzustände dort die allertrcmrigstcn »ach jeder Richtung hin. Der Vorstand des Vereins der Volksschullchre'r wies im Jahre 1897 in einer Petition an das Abgeordnetenhaus aus dem Schulbericht des Landesschulrats nach, daß in Galizien die Zahl der Analphabeten 4492760 betrug, daß 2558 Gemeinden keine Schule hatten, und 700000 schulpflichtige Kinder ohne Lehrer waren, daß 1000 errichtete Schulklassen wieder hatten geschlossen werden müssen, und daß trotzdem über 1000 Personen ohne gesetzliche Prüfung als Lehrer verwandt wurdeu. Auch die letzte Volkszählung von 1900 bestätigt, daß in dem Lande der Schlachtn noch nicht einmal der dritte Teil der Bevölkerung die elementarsten Schul- kenntniffe hat. Die Einwohnerzahl betrug 7 317023, lesen und schreiben konnten nur 2210453, bloß lesen 460154, weder lesen noch schreiben 4646416 Galizier. Die Zustande in Schule und Gericht find eben dort noch schlechthin barbarisch, und dabei hängt Galizien geradezu als Parasit am Reiche und fristet auf Kosten der übrigen „Krvnläuder" sein kümmerliches Dasein.
Die Steuerrückstäude belaufeu sich durchschnittlich auf 32 Prozent, in der Landeshauptstadt Lemberg sogar ans 60 Prozent. Der österreichische Staat leistet dein Schlachtzizentnm ebenso unentbehrliche aber uneigennützigere Dienste, als die es sind, wozn sich der polnische Gutsherr seinen „Faktor" hält. Von der allgemeinen Korruption und Sittenverderbuis, die von der Schlacht« und dem mit ihr verbnudneu Judentum nusgchu nnd in allen öffentlichen Ämtern und Anstalten herrschen, geben die zahlreichen Skandalgeschichten und die offene lichen Verhandlungen im Parlament hinreichend Zeugnis. Wenn man berück- Grenzboten I 1908 ^