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am Ende des fünfzehnten und in den ersten Jahrzehnten des sechzehnten Jahrhunderts cmch eine nicht nnbedeutende kirchliche Kunst aufzuweisen hatte. Man kann vielleicht sogar von einer Großenhainer Kunstschule sprechen, obwohl unsre Kenntnisse davon noch sehr im argeu liegeu. Bei meinen Nachforschungen in den Kirchen der nördlich von Großenhain liegenden Dörfer fiel mir auf, wie viele schön geschnitzte und gemalte Flügelaltäre aus dem Anfang des sechzehnten Jahrhunderts ganz oder teilweise noch übrig sind; in Frauenhain, in Groß-Kmehlen, in Ponickau und anderwärts; auch in Strcnmen, westlich von Großenhain, stand ein solcher War mit recht guter Malerer (links die heilige Barbara mit Kelch uud Palmenzweig, rechts die heilige Katharina), dessen Reste jetzt in der Sammluug des Sächsischen Altertumsvereins in Dresden sind. Wo sollen diese Altare anders entstanden sein als in einer Künstlerwerkstatt Großenhains? Freilich iu der Stadt selbst haben wohl der große Brand von 1540 und spätere Feuersbrünste die meisten alten kirchlichen Kunstwerke zerstört. Aber eius ist doch eiuigermaßen erhalten geblieben: das 1499 errichtete Altarwerk der Katharineuiirche, das zwar beim Abbruch der Kirche arg beschädigt, dann aber wieder hergestellt nnd in der Pfarrkirche untergebracht worden ist. Es enthält im Schreiu die geschützten Figuren der gekrönten Maria, der heiligen Barbara und der Katharina, auf den Türen üuwn und außen Darstellungen des Martyriums der Katharina und acht Bilder heiliger Frauen. Das Ganze ist ein Werk voll edler Verhältnisse und schlichter Zierlichkeit. Die Großenhainer Figurenschnitzer und Tafelmaler müssen aber weit über den Bereich dieser Propstei hiuaus bekannt und berühmt gewesen sein: denn am 21. Mai 1520 schließen der Rat und die Altarleute der Michaeliskirche iu ^eik mit dem „ehrbaren uud uamhaften Meister PankratmS Grueber" in Großenhain eiueu Vertrag, daß er thuen binnen Jahresfrist für 210 Gulden rheinisch eine geschnitzte „Tafel" mit sechs Flügeln für den Hochaltar der Michaeliskirchc liefern soll. Dieser Flügelaltar ist aus Zech verschwunden, aber Eduard Flechsig hat durch eine überaus feine Kette von Schlußfolgerungen nachgewiesen, daß fünf angeblich aus Lindenthal bei Leipzig stammende geschnitzte Figuren der Maria mit dem Kiude, des Erzengels Michael, der HMgeu Georg nnd Florian, sowie der heiligen Katharina, die jetzt m der Dresdner Sammlung des Sachsischen Altertumsvercins aufbewahrt werde», die Reste des vvu Pankratius Grueber verfertigten Zeitzer Altarwerks sind. (Die Sammlung des Sächsischen Altertumsvereins in Dresden, 190», Text heft vvu Eduard Flechsig Seite 39b f.) Auch der iu der genannten Sammlung erhaltene Altar aus Hochweitzschen bei Leisnig scheint ein Werk des PanlratiuS Grueber zu sei». Es wird ein Gegenstand weiterer Untersuchung W». festzustellen, ob die stilistischen Unterschiede aller der hier genannten Werke so groß sind, daß wir neben Grueber noch andre gleichzeitige Bildschiitzcr uud Maler in Großenhain auuehmeu dürfen; ich glanbe, daß das der Fall ist
Empfindlichen Schaden erlitt Großenhain, als Böhmen (1526) m hnbs- l'nrgischen Besitz übergegangen war, uud nach der Vernichtung des Wahlrechts der Staude uud dem „Pönfall" der Oberlausitzcr Scchsstüdtc (1547) — Folgen der Schlacht von Mühlberg — die königliche Gewalt Ferdinands dort er- Grenzboten I 1903