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Goethe und der italienische Dichter Vincenzo Monti
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zur innern Einheit durchgekämpft hat und uns zur idealen Höhe emporführt, wo das Verworrene schwindet und sich in Harmonie auflöst. Dann werden auch seine Beziehungen zum Abbate Monti wieder aufleben, der zu ihm mit Vewundrung aufsah und die Anregungen, die er ihm verdankte, offen und ehrlich bekannt hat.

Von einer Weltreise

3. Die Psychologie des Tropenkollers

ieses Herrentum unter den Farbigen hat für jeden Weißen etwas berauschendes an sich. Diese Macht, die nicht durch Geld gekauft, nicht durch Gewalt erzwungen worden ist, sondern jedem, der aus den engen Verhältnissen Europas kommt, jedem siebzehn­jährigen Kaufmannsjüngling, der vielleicht bisher nur gehorcht und nie befohlen hat, zufüllt, als ein Vorrecht des Blutes und der Abstammung der geringwertigem Nasse gegenüber, schürt in jeder Brust ein Hochgefühl, das Entbehrungen, Gefahren, Siechtum und früher Tod, die feindlichen Mächte in den Tropen, nicht herabstimmen. Es soll der Zauber der Geschichten des Dichters Rudyard Kipling sein, daß er den Hochgenuß dieses Herren- und Erobererlebens des Weißen in allen Erdteilen mit der Poesie der Gefahr, der natürlichen Roheit und Ursprünglichkeit zu schildern weiß. Denn auch der geringste englische Soldat ebenso wie der einfachste Matrose unsrer Handels­schiffe nimmt an diesem Herrentum der Weißen voll Anteil.

Es ist die ungebündigte Willenskraft, die hier besungen wird. Es giebt heute Dichter nnd Verherrlichen der Willenskraft, wie es früher Dichter der Liebe gab. Kein schöneres Gewächs wächst auf Erden, als ein hoher, starker Wille. Kraft haben, einen ganzen Willen lang zu wollen. Diese Worte sind von Nietzsche.

Wenn etwa heute ein hochgelehrter, vornehmer, feinfühliger, weichmütiger Inder die Poesie Nietzsches kennen lernen würde, etwa wie er die ferne, schöne Zeit besingt, wo ein Volk noch den Mut hatte, über ein andres Volk Herr sein zu wollen, oder wenn er seine Lehre von der Herrenmornl kennen lernte, zumal in ihrer Verballhoruisieruug und Popularisieruug, würde er ausrufe«: Diese blonde Bestie, dieses lachende, thatenfrohe Barbarenvolk, das jede alte Kultur über den Haufen rennt, diese Herreumenschen, die kein Recht außer ihrem Willen kennen, sie sind nicht ein Zukunftsbild, wie der Dichter meint, sondern wir Inder kennen sie. Seit hundert Jahren sind sie unsre Herren, und wir die Opfer ihres Übermuts, der sich mit seiner Eroberungslnst jen­seits von Gut und Böse glaubt. Dieser Dichter giebt nur Stimme den Thaten seiner Zeit.

Alle farbigen Völker könnten diesem Inder zustimmen. Denn überall sind sie die Beute der Herrschsucht der Weißen, die ihre Grenze bisher nicht wn menschlichen Widerstand, sondern nur au dem Widerstand der Elemente