Contribution 
Der Religionsunterricht an höhern Schulen
Page
407
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

407

eingeführt ist, kann das Gymnasium nicht verlangen, daß Religion anders gelehrt wird, als ihr Wesen es fordert. Übrigens steht der Neligionslehrer deshalb keineswegs isoliert. Auch der dentsche Unterricht kann nur wirkliches Verständnis für die Werke unsrer Dichter erreiche», wenn das Gefühl für Poesie geweckt und gepflegt wird. Wenn Metz die Pflege der poetischen Ge­fühle ins Haus verweist, so ist das ganz konsequent, aber die unpoetische Wirklichkeit verbietet es dein Lehrer, solche Voraussetzungen zu machen. Im Hause geht es eben oft recht unpoetisch zu, und es giebt genug Schüler, bei denen das Gefühl für Poesie erst geweckt werden mnß. Bei den Dichtungen der alten Klassiker ist es nicht anders. Ich sehe also nicht ein, warum der Neligionslehrer eine Sonderstellung haben soll, wenn er bemüht ist, religiöse Gefühle zu wecken und zu pflegen. Wenn von einem Mnsiklehrer gefordert würde, er solle seine .Kunst nur durch Einwirkung ans das logische Vermögen seiner Schüler lehren, so würde er wohl sagen: Das kann ich nicht. Ich denke, es giebt recht viele Neligionslehrer, die ans die Forderungen Metzens m gleicher Weise zu antworten gezwungen sind. Aber dann droht die Gefahr, daß der Religivnsnuterricht aus den höhern Schulen verdrängt wird! Ich teile diese Besorgnis nicht. Hat der Organismus des Gymuasinms bis jetzt den Religivnsnuterricht, ohne daß er in die Schablone Metzens eingezwängt wnrde, vertragen, so wird es wohl auch fernerhin gehn. Dagegen glaube ich bestimmt, daß, wenn seine Forderungen durchgingen, der Religionsunterricht nn höhern Schnleu bald abgeschafft werden würde. Wen» der Religionsmiter- richt im weseiltlichen »nr das geschichtliche Verständnis für die Kulturentwick­lung zu vermitteln hat, so leuchtet es ohne weiteres ei», daß der Stoff ganz bedeutend eingeschränkt werden kann. Es wäre da»» aber viel praktischer, wen» das religiöseThema" gleich mit den: Geschichtsunterricht verbunden würde. Dadurch würde das geschichtliche VcrstäudniS für unsre ganze K»ltur- entwicklmig jn nur erleichtert, u»d wenn derselbe Lehrer den ganzen Stoff zu be­handeln hätte, wäre die Einheit der ganzen Auffassung, die sonst zweifelhaft ist, verbürgt. Bei der immer größer werdenden Überbürdnng mit Wissensstoff könnte dem Gymnasium diese Vereinfachnng mir erwünscht sein. Andrerseits würde aber wohl die Kirche, wenn der Religionsunterricht nach solchen Gedanken gestaltet würde, bald zn der Überzeugung kommen, daß er ihren Zwecken nichl entspräche. Ein Religionsnnterricht, der »nr ans den Verstand wirken will, besondre ethische Ziele ablehnt, das Christentum ausschließlich geschichtlich be­trachtet »»d es für gefährlich hält, Liebe zur Kirche i» irgend einer empirischen Erscheinung zu wecken, ist nicht geeignet, den Zwecken der Kirche zu dienen. Sie würde den Religionsunterricht selbst in die Hand nehmen müsse».

Zum Schluß möchte ich bitten, die freimütige Äußerung meiner abweiche»de» Ansichten, zu der mich lediglich das Juteresse für die Sache bestimmt hat, nicht '"ißzuverstehn. Es liegt mir vollständig fern, über die Art, wie die Fach- ^»vsse» in Hamburg ihre» Religiousuuterricht in Wirklichkeit betreiben, z» urteilen. Ich habe es mir mit der Theorie zu thu» gehabt, wie sie im ersten