Der Religionsunterricht au höhern Schulen
evangelischen Ghmnasilim kein andrer als der evangelische sein. Es wäre unnatürlich, wenn der evangelische Religionslehrer, der von der Wahrheit seiner Sache überzeugt ist, nicht auch bemüht wäre, seine evangelische Überzeugung seinen Schillern mitzuteilen und in ihnen nicht bloß Verständnis für ihre Kirche, sondern auch Liebe zu ihr zu wecken. „Gewiß, sagt Metz, soll der Religionsunterricht Liebe zur Kirche erwecken, aber doch wohl nicht Liebe zn ihrer empirischen Erscheinung in irgend einer Zeit — diese ist die Mutter des Fanatismus —, sonder» Liebe z» ihrer Idee, also die intellektnale Liebe, die sich auf ein Verständnis ihrer Entwicklnngsgeschichte gründet, nnd die den Wunsch, an ihrer idecgemcißen Weiterbildung mitzuarbeiten, aus sich erzeugt." Nun ich glaube, die Gefahr des Fanatismus ist iu unsrer Kirche besonders in der jetzigen Zeit nicht allzngroß, größer ist wohl die Gefahr der religiösen Gleich- giltigkeit. Gewiß »vollen wir keine blinde Liebe zu unsrer Kirche, sie soll sich auf Einsicht, ans Überzengnng gründen. Aber wenn eiu Schüler keine Liebe zu der Kirche hat, in der er lebt, von der er unterwiesen worden ist, die ihm den Segen des Christeutums vermittelt hat, so kann ich mir schwer vorstellen, daß er „eine intellektnnle Liebe zn der Idee der christlichen Kirche hat," Die Liebe zn der besondern Kirche muß doch nicht, wie Metz anznnehmen scheint, zum Fanatismus führeu, sie kann doch höchstens, wenn sie nämlich einen unchristlichen Charakter hat, in Fanatismus ausarten. Sollen wir die Liebe zum deutschen Vaterland nicht pflegen, weil sie die Mutter des Chauvinisinus werden kaun? Wir lieben unsre Kirche nicht in blinder Parteileidenschaft, sondern weil sie nach unsrer festen Überzeugung die evangelische Wahrheit, die Idee des Christentums wie keine andre vertritt Deshalb sind wir nicht blind gegen manche Schwächen nnd Fehler unsrer Kirche, wir Protestanten sind viel mehr geneigt nlS andre, nichts iu dieser Beziehung zn verhehlen oder zn beschönigen. Um so mehr aber müssen Nur wünschen, daß die Zahl der evangelischen Männer und besonders solcher, die eine höhere Bildung genossen haben, immer größer werde, die, von herzlicher Liebe zu ihrer Kirche erfüllt, au ihrer Besserung mitarbeiten. Von solchen, denen die empirische Erscheinung der Kirche gleichgiltig ist, die uur eine intellektuale Liebe zu der Idee der christlichen Kirche haben, erwarte ich offen gestanden in dieser Beziehung nichts. Daß dieses Streben, Liebe zur evangelischen Kirche zu wecken, sich mit der allgemeinen Aufgabe des evangelischen Gymnasiums nicht vertrage, kann ich uicht einsehen. Abstrakte Kulturmenschen wollen wir nicht erziehn, sondern evangelische und deutsche Männer, die als solche die Kultur zu fordern imstande sind.
Ich habe bisher absichtlich von dem evangelischen Unterricht im allgemeinen geredet, weil meiner Ansicht nach in dieser Auffassung des Unterrichts kein Unterschied zwischen Lutheranern und Reformierten sein kann. Metz betont aber als eine der größten Schwierigkeiten bei der dogmatischen Behandlung des religiösen Stoffs, daß es wohl eine lutherische und eine reformierte aber keine allgeniei»-evangelische Dogmatik gebe. Der Religionslehrer könne doch