Der Religionsunterricht an höhern Schulen
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fruchtbar werden sollen, das Herz ergreifen. Die Anfordernngen an den Rcli- gionslehrer werden dadurch keineswegs übertrieben, es wird nnr die Bedingnng festgestellt, von der die innere Berechtigung zur Erteilung des Religionsunterrichts abhängig ist.
Aber die gründliche Kenntnis der christlichen Religion ist nnr der nächste Zweck des Religionsunterrichts, Metz nennt selbst noch höhere Ziele, Daß freilich der Religionsunterricht in höherin Grade als alle übrigen Unterrichtsfächer ethische Ziele verfolge, weist er als eine unberechtigte Anmaßung zurück. Mit Unrecht. Gewiß beanspruchen wir Religionslehrer keinen Vorrang, keine „höhere Weihe der Persönlichkeit," Wenn wir mehr als andre ethische Ziele in unserm Unterricht verfolgen, so liegt das nicht an uns, sondern an der Sache, die wir zu vertreten haben. Sicher kann jeder Lehrer, welches Fach er auch hat, lediglich durch das Vorbild seiner Persönlichkeit, dnrch seine Pflichttreue, Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit einen sittlichen Einfluß ausüben, und der Religionslehrer könnte mit Engelzuugen reden, er würde schwerlich viel erreichen, wenn bei ihn? dieses Vorbild fehlte. Aber sittlicher Einfluß geht doch nicht bloß von der Persönlichkeit des Lehrers aus, sondern auch von der Gedankenwelt, iu die er die Schüler einzuführen hat. Während nun bei der Mathematik, bei grammatischen Übungen der Wissensstoff in sittlicher Beziehung vollständig gleichgiltig ist, so ist doch die Einführung in die Weltgeschichte, in die altklassische Litteratur, iu die deutsche Poesie von hoher Bedeutung für die Entwicklung des sittlichen Gefühls nnd des sittlichen Urteils, Sollte nicht auch der sittliche Gehalt des Christentums einen höhern sittlichen Einfluß ausüben nls die Lehrsätze der Mathematik oder die Regeln der Grammatik? Dagegen hält es Metz für wünschenswert, daß der Religionsunterricht einen Halt biete gegen spätere Verführung znm Atheismus. Ich gebe ohne weiteres zu, daß hierbei die Überzeugung, „daß die Religion die Klarheit des Gedankens nicht scheut, sondern sucht," von Wichtigkeit ist. Aber ich glaube nicht, daß schon dadurch ein fester Halt gegen spatere Verführung geboten wird. Metz ineint, daß es zuviel verlangt sei, wenn der Religionslehrer mit Begeisterung lehren solle. Hier aber verlangt er etwas, was schwerlich vom Religivnslehrer gefordert werden kann, was ich mir jedenfalls nicht zutraue, daß nämlich meine Gedanken über Religion mächtiger seien, als die gesamte Geistesmacht des moderuen Unglaubens, wie er in wissenschaftlicher oder künstlerischer Form ans den Schüler früher oder später einwirkt. Diese Kraft traue ich meinen Gedanken nicht zn, sondern nur dem Worte Gottes, aber auch „Nr dann, wenn dieses den Schülern ins Herz gedrungen ist nnd neues Leben geweckt hat. Als die Hauptaufgabe des Ghmnasiums betrachtet Metz »die Erziehung des modernen Kulturmenschen." Der Religionsunterricht ist notwendig zum Verständnis der Kulturentwicklung. Wenn dies der Hauptzweck des Religionsunterrichts ist, so leuchtet ohne weiteres ein, daß die ausschließlich geschichtliche Form des Religionsunterrichts gewiesen ist, er bildet fa dann nur die Ergänzung znm Unterricht in der Weltgeschichte. Fast mit