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Der Religionsunterricht an höhern Schulen
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Der Religionsunterricht an höher» Schulen

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mit oberflächlichen Gefnhlserregungen zu begnügen, statt einen festen Grund in einer klaren Überzeugung zu legen, ist nicht zu lcugueu. Aber allzulange würden sie auf diesem Wege nicht verharren können. Schließlich ist doch ein ziemlich großer Wissensstoff zu bewältigen, und iu den Prüfungen werden nicht Gefühle, sondern klare Kenntnisse gefordert. Der Zweck des Religionsunter richts ist zunächst, eine gründliche .Kenntnis der christlichen Religion zu ver­mitteln; sie kcmu wie jede Erkenntnis zunächst nur mit dem Verstände erfaßt werden, und von diesem Standpunkt aus wird durchweg auf den Schulen der Unterrichtsstoff gegliedert. Worauf sich die Behauptung, daß es au einer solchen Organisation noch immer fehle, gründet, weiß ich nicht. Ich kann kaum glauben, daß sie auch nur für eine höhere Schule in Deutschland zu­treffend ist. Die Frage aber ist, ob mit der verstandesmäßigcu Kenntnis der christlichen Religion als einer historischen Erscheinung das Ziel des Religions­unterrichts schon erreicht nnd damit die Aufgabe des Religionslehrers erfüllt ist. Daß der Religionsunterricht keine bloße Erbminngsstnnde sein darf, daß er vielmehr ein wirklicher Unterricht sein muß, wenn er eine gründliche Kenntnis der christlichen Religion vermitteln soll, darüber dürfte ivohl allseitige Übereinstimmung herrschen. Deshalb ist die ganze Fragestellung des Verfassers voll vornherein unrichtig: Soll der Religionsunterricht auf das Gefühl oder auf den Verstand einwirken? Kein Religionslehrer wird lediglich auf das Gefühl wirken wollen. Die Frage kann nur sein: Soll der Religionsunter­richt mir auf dcu Verstand oder auch auf das Gemüt einwirken? Ebenso sollte im zweiten Teil die Frage nicht so gestellt werden: Soll der Neligivusunter- richt in dogmatischer oder geschichtlicher Form gegeben werden? sondern: Soll der Religionsunterricht nur in historischer Form oder auch iu dogmatischer Forin gegeben werden? Die Ansicht uuu des Verfassers, daß der Religions­unterricht lediglich als Nerstaudessache und ausschließlich in historischer Form gegeben werden solle, kann ich nicht teilen.

Wie der Religionsunterricht gegeben wird, hängt von der Vorstellung ab, die man von dem Zweck und dein Ziel dieses Unterrichts hat. Der nächste Zweck, darin herrscht Übereinstimmung, ist eine gründliche Kenntnis der christlichen Religion. Aber schou dieser Zweck wird meines Ernchtens nicht erreicht, wenn die Religion ausschliesslich als Verstaudessache behandelt wird. Ohne religiöse Gefühle ist ein wirlUches Verständnis für Religion überhaupt, gnuz besonders aber für die christliche Religion unmöglich. Metz leugnet das nicht, verweist nber die Erweckung des religiösen Gefühls in das Elternhaus nnd in die Kirche. Wenn nun im Elternhans der Religion gegenüber Gleichgiltigkeit oder geradezu Abneigung herrscht? Wenn nun der Schüler, abgesehen von dem sehr kurzen Kvnsirnnmdennnterricht, überhaupt nicht in die Kirche kommt? Ist dann nicht der ganze Religionsunterricht, wenn anders ein wirkliches Versteh» der reli­giösen Dinge ohne religiöse Gefühle unmöglich ist, auf Sand gebaut? Der Schüler hat dann vielGedanken über Religion" gehört, aber von Religion selbst hat er schließlich keine Ahnung. Ja ist nicht die Gefahr vorhanden. Grenzlwten II! 1901 51