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Friedrich List. 2
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Staats- und Kirchendiener als Tauschwerte zu behandeln, deren Bezahlung von der Konkurrenz geregelt werden solle, und die sich deshalb mich nach dem Geschmack der Kunden zu richten hätten.

Der Hauptfehler Lifts sei seine einseitige Parteinahme für die Manufaktur und seine Befangenheit in der Denkweise des Judustrialismns, Wenn er in der nationnlökonomischen Litteratur bewandert wäre, dann würde er bemerkt haben, wie das Mißtrauen gegen den Geist des Jndustrialismus immer mehr um sich greife.Die einen verlangen an seiner Stelle eine christliche Ordnung, andre möchten zurück zu den »organischem« Zuständen des Mittelalters, noch andre ergehn sich in sozialistischen und kommunistischen Träumen von einer ganz neuen Freiheit uud Glückseligkeit, Darin aber stimmen alle überein, daß der Geist des Jndustrialismns desorganisiere, daß Glück und Freiheit auf die Dauer nicht mit ihm bestehn könne. Eine tiefere, obwohl in ihrem ersten Auf­treteil einseitige, trunkne und unklare Reaktion gegen die industrialistische Denk­weise ging, gerade in der Zeit Ihrer Jngend, von der deutschen Nomantik aus, und sie lebt in freierer uud klarerer Gestalt unter uns fort," List hat diese Reaktion wohl bemerkt; er war betrübt darüber nnd haßte die Romantik als eine Feindin des wirtschaftlichen Fortschritts. Brüggemann findet die Charak­teristik verfehlt, die List von den Berufsständen entwirft, und in der er die Fabrikanten auf Kosten der Landwirte und der Kaufleute herausstreicht, und bemerkt u. a., gerade den Stand, dessen Berufsthätigkeit die Verwirklichung der wahren Freiheit bedeute, den Stand der Staats- uud Kirchendiener, der Künstler und der Gelehrten erwähne er gar nicht; er rechne ihn wohl auf gut amerikanisch zu den Auswüchsen der Gesellschaft und glaube, er sei dazu ver­urteilt, der Freiheit des vollendeten Selfgovernments zu weichen? Auch in dieser Beziehung würde er richtiger sehen gelernt haben, wenn er seine prak­tischen Studien, statt in Amerika, in England gemacht hätte, wo er neben den beiden ihn allein interessierenden Ständen derAgrikulturisten" undMcmu- fcckturisten" einen zahlreichen Arbeiterstand gefunden haben würde, desfen Lage und Haltung den Staatsmann lind den Nationalökonomen zwinge, sich mit ihm zu beschäftigen. Das Ergebnis der Erwägungen, die er veranlasse, sei, daß man dem Individualismus den Sozialismus entgegenstelle,eine Gemein­samkeit der Menschen, eine Gebundenheit und Wichtigkeit des Eigentums, eine freie Feudalität. Wie trüb uud widersprechend sonst auch die Systeme des Sozialismus seiu mögen, das eben Ausgesprochne ist ihr gemeinsamer Kern. Darum ist der Kampf, den die Gegenwart ausznfechten hat, nicht einer zwischen Landwirten und Fabrikanten, sondern ein Kampf zwischen den Privatpersonen und dem Allgemeinen. Landwirtschaft und Industrie verfechten in den Personen der glücklich Besitzenden das Privatmteresse. Die Proletarier beider Stände aber rufen in verworrener Leidenschaft nach Organisation, also, obwohl ohne klares Bewußtsein davon, nach dem Allgemeinen, auf daß dieses den Greuel der Desorganisation und den ungleichen Konkurrenzkampf bändigen möge. Und hier nun tritt das entschiedne Bedürfnis eines vierten, vermittelnden Standes, des gelehrten Standes ein," der das Allgemeine im Auge behält.