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bekämpft aber die Anmaßung, mit der seine Vertreter die Hypothese als Dogma lehren und für eine zureichende Naturerklärung, ja für die Lösung des Welträtsels ausgeben. Einiges von dem, was Liebmann in ausführlichen Betrachtungen klar macht, mag hier wenigstens kurz verzeichnet werden. Davon, daß jemand die Entstehung der Organismen und ihrer Arteu erklärt Hütte, kann gar keine Rede sein. „Will man nach Art gewisser Leute unter Wuuder alles das verstehn, was sich nicht auf reiu mechanische Prozesse zurückführen läßt, dann, in der That, hieße es angesichts der organischen Naturerscheinungen: ein Wuuder wärs, wenn hier kein Wunder im Spiele wäre." Der auffälligste Unterschied des Organischen vom Unorganischen besteht darin, daß jenem die Form das Wesentliche ist. Dem Unorganischen, auch dem krystallisierten Mineral, ist die Form nicht wesentlich; Schwefel bleibt Schwefel, mag er krystallinisch, amorph oder geschmolzen sein; aber ein geschmolznes Pferd ist kein Pferd mehr. Beim unorganischen Wesen bleibt der Stoff immer derselbe, und ist die sich wandelnde Form gleichgiltig; beim organischen wechselt die Materie unaufhörlich, sodaß nach einer gewissen Zeit alle Stvffteile durch neue ersetzt sind, während die Form, durch die allein der Gegenstand ist, was er ist: eine Rose, ein Pferd, beharrt; mit der Form verschwindet auch das organische Wesen. Man hat wohl den organischen Körper eine lebendige Maschine genannt. „Aber! Aber! Die Maschine ist ein äußerlich und willkürlich gemachtes Artefakt, der Organismus nach immanentem, verborgnem Gesetz ex ovo gewachsen. Das Hsssörrioirioon der Maschine gehört nicht zu ihr, residiert uicht in ihr; Heizer und Lokomotivführer sitzen auf ihr und lenken sie wie der Reiter sein Roß. Das Hö^öruonivou des lebeudigen Organismus, Intelligenz und Wille, gehört zu ihm, ist mit ihm entstanden, bildet seinen integrierenden Bestandteil. Und — ganz abgesehen von den psychischen Funktionen — die Teile der Maschine sind ein für allemal da, bleiben ihren materiellen Bestandteilen nach mit sich identisch, solange bis die Maschine äußerlich repariert wird; die Organe des Organismus bleiben nur der Form uach identisch, während ihr Stoff fortwährend wechselt, sie erneuern oder reparieren sich selbst. Der Organismus wäre daher eine Maschine zu nennen, die uicht allein vou selbst uach Naturgesetzen entstanden, nach keinem äußern, sondern nach immanentem Plane gewachsen wäre, sondern die auch außer der äußern Arbeitsleistung die innere plastische Arbeit unaufhörlicher Selbsterzeuguug aller ihrer Teile in der durch den innewohnenden Plan vorgezeichneten Form auszuführen imstande ist. Eine merkwürdige Maschine das!" Was würde uns denn, fragt Liebmann, der Darwinismus im günstigen Falle, nämlich seine empirische Bestätigung vorausgesetzt, liefern? (Die Behauptung, daß der Erfahrungsbeweis für die Darwinischen Hypothesen und Theorien schon erbracht sei, gehört zu den unbegründeten Anmaßungen seiner Vertreter.) Antwort: „Ebenso wie die Embryologie eine Entwicklungsgeschichte, Kenntnis der historischen Aufeinanderfolge der Stufen eines langwierigen Entwicklungsprozesses, der für uns im Schoße graner Urzeiten verborgen liegt, wie die Entwicklung Grenzboten II 1901 N
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