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Der goldne Engel : Erzählung :
(Schluß)
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Der goldne Engel

Ackermann jagte einen Jungen nach der Feuerwache, einen zweiten nach dem Bleichplan, dann trat er zu Linen, die ihn fassungslos ansah: was nun?

Nichts, Line, da ist keine Hilfe, der goldne Engel frißt uns auf, und mit Ihnen fängt er an. Holen Sie sich heraus, was unersetzlich ist, aber machen Sies kurz.

Da stand sie schon wieder allein.

Unersetzlich?

Das Kind! Barmherziger Gott, das Kind! Schon war das Dach über des Brnders Wohnung Flamme, schon brannte der Bretterweg, über den das Unheil in so vielerlei Gestalt gelaufen war. Die neue Thür wehrte sich uoch, ihr'Holz hatte noch Leben, aber rechts und links fraßen sich die Flamme» mit unheimlicher Schnelle durch das morsche Faserwerk.

Das Kind! Karl stand bei seinem Modell, als sie ihn rief hatten nicht allezeit die Stadels Weib und Kind über ihrem Luftschiff bergessen?

Eine sinnlose Angst packte sie: ersticken konnte es, verbrennen sie flog den Hof entlang bis zu der kleiueu Treppe, strauchelte auf der untersten Stufe, raffte sich auf, stürzte weiter hinauf, fiel in die Kniee uud mußte sich au dem glühenden Pfosten halten.

Thränen traten ihr in die Augen, sie hatte dem Bruder Unrecht gethan, Gott sei gelobt! Was er dort in seinen Armen zur Wohnzimmerthür hinaus nach der Küche trug, war uicht das Modell: das Kind wars, dessen goldige Löckchen, dessen schlafrotes Gesichtchen grell von den zuckenden Flammen augestrahlt wurden.

Gott sei gelobt, sagte Line noch einmal, dann stand sie auf, ruhig, Herr ihrer Glieder und ihrer Gedanken: das Feuer hatte seinen Schrecken für sie verloren.

Nnn das Kind geborgen war, schienen ihr Karls Arbeiten das Nötigste das blieb wenigstens sicherer Geldwert. Sie ging in die Werkstatt, packte schnell in einen alten Handkoffer, was an Fertigem, an Entworfnem, an Skizzen, Papieren und Handwerkszeug um sie her stand, und trug ihn hinaus.

Nett kam eben atemlos nach Hause und wollte herauf.

Bleib unten! rief Line, Karl und das Kind sind hinaus hier brennt schon alles! Da hast du Karls Arbeiten! Der Koffer flog hinunter. Pack nnr vorn die Schneidersachen der fremden Leute zusammen, und das Blechküstchen oben ans der Kommode ich bin einmal hier.

Ein paar Kleider für Bubi! schrie Nett hinauf durch den Lnrm der hernn- rasselndeu Spritzen, raffte den Koffer auf und lief ins Vorderhaus.

Line packte im Schlafzimmer zusammen, was sie in den Deckelkorb zwangen konnte, und warf ihn dem Koffer nach, der zeternden Frau Flörke beinah nnf den Kopf. Dann lief sie zurück; die kleine Hnnsknsse Netts steckte sie in die Tasche. Halt! hatte nicht Karl seine Uhr und etwas Geld zumeist in der Werkstatt? Sie lief noch einmal hinüber.

Vorm ersten Anblick schrak sie in der Thür zurück: das Feuer war in den: Raum, der nun wahrlich einer Hexenküche glich; die Modelle zitterten und seufzten in dem glühenden Hanch, der in der einen durchgebrannten Ecke von der Decke herabkam, spukhafte Schatten flackerten an der Wand hin nnd wieder.

Line flog nach dem Zeichentisch, nahm Geld und Uhr und flog zurück; auf der Schwelle aber mnßte sie sich noch einmal wenden.

Eine wilde, triumphierende Freude erstickte in diesem Augenblick jedes andre Gefühl: dort stand der Feind ihres Lebens, der Glasdeckel lag am Boden, Kranz und Gondel, Propeller und Steuerreifen leuchteten deutlich zu ihr herüber.

Die wvhlgeputzten Wderchen uud Haspen flimmerten fröhlich im Lichte des