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Maßgebliches und Unmaßgebliches
Staatsdienst abgeleistete Dienstzeit ganz vder zum Teil angerechnet werden, der Unterrichtsnnnister hat in jedem einzelnen Falle, wo darum gebeten wird, die Genehmigung des Königs nachzusuchen, nachdem er sich vorher der Zustimmimg des Fiuauzministers versichert hat, von dem also die Entscheidung abhängt. Diese gesetzliche Ausnahme zu Ungunsten der Schulaufsichtsbeamten ist höchst wunderlich, aber so lauge sie ebeu Gesetz ist, müssen sich ihr die Betroffnen natürlich fügen.
Da nun aber jeder Lehrer einer königlichen Lehranstalt durch den Eintritt in den unmittelbaren Staatsdienst den Anspruch auf Anrechnung aller außerhalb des Staatsdienstes oder im mittelbaren Staatsdienst zugebrachten Dienstjahre erwirbt, so hatte bis vor kurzem in den beteiligten Kreisen jedermann geglaubt, daß von der oben erwähnteil Ausnahme solche Schulaufsichtsbeamten nicht betroffen würden, die schon uumittelbare Staatsbeamte waren, als sie zu Schuliuspektoreu befördert wurden. Dieser Glaube ist nun durch folgenden Fall zu nichte gemacht worden. Am 1. November 1896 wurde der Kreisschulinspektor Jeron iu Karlsruhe iu Oberschlesien nnter Verleihung des Charakters als Schulrat pensioniert. Vor seiner Ernennung zum Kreisschuliusvektor war er Semiuarlehrer, also unmittelbarer Staatsbeamter gewesen, vor diesem hatte er einundzwanzig Jahre als Volksschullehrer gedient. Von diesen einundzwanzig Jahren wurdeu ihm aber nur sechs angerechnet, und er erhielt statt der 4194 Mark, die er erwartete, nur 3078 Mark Pension. Mit seiner Beschwerde dagegen von der Ovvelner Regierung zurückgewiesen, beschritt er den Rechtsweg. Die erste Instanz entschied gegen ihn. Der Schluß der Entscheidung ist interessant: „Was endlich die Verfügung des Kultusministers vom 10. Oktober 1872 betrifft, wonach bei Pensionierung vou mittelbaren Staatsbeamten die Verordnung vom 28. Mai 1346 als durch § 38 des Peusionsgesetzcs vom 27. März 1872 nicht außer Kraft gesetzt zu betrachten sei, und es demgemäß zur Anrechnung der frühern Dienstzeit der Königlichen Genehmigung nicht bedürfe, so kann dieser Erlaß im vorliegenden Falle keine Anwendung finden, da Kläger nicht mittelbarer, sondern unmittelbarer Staatsbeamter ist." Der angeführte Erlaß handelt nämlich, wie sich jedermann im voraus denken kann, gar nicht von der Pensionierung mittelbarer Staatsbeamter, sondern von der Anrechnung der im mittelbaren Staatsdienst zugebrachten Zeit bei der Pensionierung von unmittelbaren Staatsbeamten. Die Herreu haben sich also gar nicht einmal die Mühe genommen, den Erlaß nachzuschlagen, dessen Anwendung sie für unzulässig erklären. Interessant ist ferner, daß der Vertreter der beklagten Regierung im weitern Verlauf des Prozesses behauptete: „Der Z 13 der Verordnung vom 23. Mai 1846 ist nach § 38 des Gesetzes vom 27. Mai 1872 für aufgehoben zu erachten. Wenn einzelne Minister zn gewissen Zeiten eine andre Ansicht gehabt haben, so war dieselbe eine irrtümliche." Also wenn der Kultusminister über die Anwendung des Pensionsgesetzes eine Verfügung erläßt, so erklärt die Regierung zu Oppeln, er habe sich geirrt! Noch dazu fußt ein zweiter Miuisterialerlaß, der den Seminarlehrern die Wohlthat des Von der Negierung angefochtuen § 13 zuspricht, auf jeuem Erlaß vom 10. Oktober 1372. Dieser Erlaß hatte eben die Meinung einzelner, der Z 13 stehe in Widerspruch mit einzelnen Bestimmungen des Pensionsgesetzes von 1372, ausdrücklich zurückgewiesen. Die zweite Instanz gab Jeron Recht. Der vierte Zivilsenat des Reichsgerichts dagegen hat endgiltig zn seinen Unguusten entschieden. Diese Entscheiduug ist nun das dritte Kurivsum. Der hohe Gerichtshof erklärt, der mehrerwähnte § 13 stehe noch in Kraft, uud Jeron habe demnach durch seine Anstellung als Seminarlehrer das Recht auf Anrechnung aller im Volks- schuldicnst zugebrachten Jahre erworben; aber — durch seiue Ernennung zum Kreis-