Zur Reform des Personentarifs der preußischen Eisenbahnen
305
entwurfs kommt dann noch oft der Verdruß darüber, daß man die Vorteile der Rückfahrkarten nicht genießen kann, weil gewisse Voraussetzungen nicht zutreffen, oder weil man die Möglichkeit ihrer Benutzung nicht vorher gekannt hat.
So viel über die gewöhnlichen Rückfahrkarten auf kürzern Strecken bis zu 200 Kilometern. Beträgt die Entfernung 300 Kilometer, so gelten die Karten vier Tage und für je 100 Kilometer weiterer Entfernung einen Tag länger. Hierbei sei zunächst nur nebenher die Ausnahme gestreift, die für Berlin gilt. Die Rückfahrkarten nach Berlin gelten von 50 Kilometern Entfernung an je einen Tag länger als nach andern Orten. Warum diese Bevorzugung von Berlin, die doch mit der Forderung desselben Rechts für alle nicht vereinbar ist? Den Rückfahrkarten mit viertägiger — und wenn sie für Berlin gelten, mit fünftägiger Giltigkeit macht eine andre Einrichtung den Rang streitig, die ebenfalls zur Erleichterung des Reiseverkehrs ersonnen ist, aber, von dem zweifelhaften Vorteile der Preisermäßigung abgesehen, die entgegengesetzte Wirkung erzielt, die der „zusammenstellbaren Fahrscheinhefte." Sie werden ausgegeben, wenn auf der Hin- und Rückreise, die über beliebige Strecken erfolgen kann, zusammen wenigstens 600 Kilometer zurückgelegt werden. Da gilt es nun, wenn man die Wahl hat zwischen Rückfahrkarte und Fahrscheinheft, jedesmal Vor- und Nachteile der einen und der andern Art der Verkehrserleichternng gegen einander abzuwägen.
Die Rückfahrkarte wird wie die gewöhnliche Fahrkarte am Kartenschalter gelöst. Das Fahrscheinheft muß mindestens sechs Stunden vor der Abreise, meistens aber schon einige Tage zuvor schriftlich bestellt und kann nicht immer unmittelbar vor der Abreise in Empfang genommen werden. Die Rückfahrkarte gilt nur eine beschränkte Zahl von Tagen, das Fahrscheinheft wenigstens 45 Tage. Die Rückfahrkarte berechtigt zur unentgeltlichen Mitnahme von 25 Kilogramm Gepäck im Packwagen, das Fahrscheinheft gewährt lein Freigepäck. Die Rückfahrkarte gestattet eine Unterbrechung der Reise nur einmal bei der Hin- und einmal bei der Rückfahrt, das Fahrscheinheft ans jeder Station. Für das Heft spricht die längere Giltigkeitsdauer und die Möglichkeit, an jedem beliebigen Orte, der auf der Reise berührt wird, Aufenthalt zu nehmen; dagegen die Unbequemlichkeit der Lösung des Heftes und die Nichtgewähr von Freigepäck. Und diese beiden Erwägungen geben oft genug den Ausschlag für die Rückfahrkarte. Zn einer Reise von Köln nach Berlin nimmst du, da die achttägige Giltigkeitsdauer zur Erledigung deiner Geschäfte ausreichend Zeit gewährt, eine Rückfahrkarte. Nun braucht in Berlin nur ein Ereignis einzutreten, das eine Verlängerung deines Aufenthalts erwünscht macht, und du hast Gelegenheit und Anlaß zum Ärger über die Buntscheckigkeit unsers Personentarifs, denn du begreifst nicht, warum Rückfahrkarten nicht ebenso lange gelten wie Fahrscheinhefte, und weshalb Grenzboten 1 1899 ,--,9