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Die Zukunft Deutsch-Südwestafrikas
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Die Zukunft Deutsch-Südweswfrikas

erfordern, und einzelne Mißgriffe der Verwaltung. Und weil das so ist, so hätte die Regierung schon langst eine volkstümliche Kolonialpolitik treiben müssen. Sie hätte deutlich ihre Absicht kundthun müssen, daß es ihr mit der Kleinsiedlung wirklich ernst sei. Statt dessen wurde gerade die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen. Leider wurde schon unter dem verflossenen Kolonial­regiment dadurch arg gefehlt, daß ein großer Teil besiedlungsfähigen Landes an eine kleine Zahl von Erwerbsgesellschaften ohne jede nennenswerte Gegen­leistung vergeben wurde. Eulige dieser Gesellschaften besitzen ein Areal, das dem von Fürstentümern gleichkommt. So erreicht zum Beispiel das an die Loutll ^V«zst. ^kriea Oomvim^ vergebne Land den Umfang des Großhcrzogtums Mecklenburg-Schwerin, das Areal der Siedlnngsgesellschaft für Deutsch-Süd­westafrika übersteigt das des Königreichs Württemberg noch nm 500 Quadrat­kilometer. Die Konzessionen der Loutll ^kriog. lörriwriss I,imiteä bestehn aus Mincngerechtsamcn, die sich über ein Gebiet von etwa 38 Millionen eng­lischen Acres erstrecken (d. i. den ganzen Süden unsers Schutzgebiets) und in der Berechtigung, ein Siedlungsgebiet im Gesamtumfange von etwa 11 Mil­lionen englischen Acres (nn Gebiete der Lomlsl-zwarts ^wurtluoclllsr und VvIclLiMnäraAörs) auszuwählen. Diese Gesellschaft ist rein englisch.

Und diese alles andre als Humanität und rein deutsche Interessen ver­tretenden Gesellschaften sucheu die ihnen sn gro8 geschenkten Ländcreien ent­weder gleich wieder durch Verkauf ihrer Konzessionen im ganzen los zu werden oder so bald wie möglich lieber an einzelne wenige aber zahlbare Großvieh- züchtcr weiter zu verkaufen, als an arme kleine Lente, die nur ein Stück Scholle zur Feldarbeit für sich und ihre Familien suchen. Das Siedluugs- geschüft setzt überdies gewisse wirtschaftliche Vorbereitungen voraus, die Geld kosten. Das und der Verkehr mit vielen kleinen, unbemittelten Leuten ist den Gesellschaften unbequem und vor allem nicht lohnend genug. Deshalb lassen sie durch ihre Ageinen verbreiten, daß sich Deutsch-Südwestafrika uur zur Eiuwaudcruug vo» Viehzüchtern in großem Stile eigne, die mindestens 15 bis 20000 Mark mitbringen. Im Deutschen Kolonialkalender für 1899 (S. 221) wird sogar ein Vermögen von 30 bis 40000 Mark für deutsche Ansiedler in Südwestafrika als erforderlich erklärt, was freilich einer Absperrung unsrer an Landnot leidenden Volksgenossen von Dentsch Südwestafrika gleichkommt.

Für eine Kolonie, die bestimmt ist, ausschließlich dem materiellen Wohle einiger englischen Ermerbsgesellschaftcn zu dicuen. vermag sich das deutsche Volk nicht zn erwärmen. Für solche Zwecke sind ihm die Opfer zu groß, die vo» Reichs wegeu verlaugt werden. Seit 1884, dem Jahre, in dem Dentsch- Südwestafrika in den Besitz des Reichs gelangt ist, haben wir viele Millionen auf die Vcrwaltuug der Kolonie verwandt. Aus den in den letzten Jahren dem Reichstage zugegangnen Denkschriften über die Entwicklung unsrer Schutz­gebiete ersehen wir nur, wie sich alljährlich unser Verwaltungsapparat in