286
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Teil wir im zweiten vorjährigen Bande Seite 198 angezeigt haben. Es droht zu einer ganzen Bibliothek anzuschwellen, denn der vorliegende Band (300 S. groß 8") behandelt nur die Zimmerer, nach seiner Vollendung wird es aber auch eine sehr wichtige und vollständige Informationsquelle sein. — Das Handbuch des gewerblichen Arbeiterschutzes vom Regiermigsrat Georg Evert (Berlin, Karl Heymann, 1897) ist ein reines Nachschlagebuch; es enthält die gesetzlichen Bestimmungen mit erläuternden Anmerkungen. — Mit einem einzelnen Zweige des Arbeiterschutzes beschäftigt sich Dr. Arthur Dvdd iu dem Buche: Die Wirkung der Schutzbestimmungen für die jugendlichen und weiblichen Fabrikarbeiter und die Verhältnisse im Konfektionsbetriebe in Deutschland. (Jena, Gustav Fischer, 1893.) Der Verfasser findet, daß die Schntzbestimmungen die Lage der Franen und der „Jugendlichen" bedeutend verbessert und der Kinderarbeit in Fabriken ein Ende gemacht haben; ob die Kinder dafür nicht anderwärts desto ärger geplagt werden, das bleibt eine offne Frage. Die Statistik ist stellenweise unklar. Über die Konfektionsarbeiter erfahren wir nichts neues, doch verdient die Schilderung der Wohnungshöhlen in Hamburg, Berlin, Breslcm, die der Verfasser besucht hat, besonders der in der Hamburger Steiustraße, Seite 199, gelesen zu werden. Zwar weiß vor der Hand niemand, wie diesem Elend abgeholfen werden könnte — der Verfasser will zunächst die Konfektion der Gelverbeaufsicht unterworfen wissen, aber wie diese Maßregel wirken würde, ist zweifelhaft —, deuuoch ist es notwendig, daß solche Zustände allgemein bekannt werden. Sie haben Wirkungen, die in die Augen fallen, und kennen die Gesetzgeber die Ursache nicht, so lassen sie sich zu einer falschen Kur auf Symptome verleiten, die die Übel erster wie zweiter Ordnung nur verschlimmert. — Wie der englische Arbeiter lebt, vom Bergarbeiter Ernst Dückershoff (Dresden, O. V. Böhmert. 1398) ist ein Schriftchen, das jedermann lesen muß. Der Verfasser schildert deutsche uud englische Arbeiterzustände, wie er sie mit seinen klaren Augen gesehen und in seinem Herzen empfunden hat, schlicht und trocken; er spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ohne zu posen, ohne sich als Schriftsteller aufzuspielen und sich zu zieren. Wir wollen nur etwas von dem anführen, was er über den Truuk sagt. Die englische Arbeiterschaft trinkt seiner Schätzung nach iin ganzen ungefähr ebenso viel wie die deutsche; aber der Spiritus verteilt sich dort anders als bei uus; der anstäudige und mäßige Suff, der bei uns so hoch in Ehren steht, ist dort selten; der anständige Arbeiter trinkt fast gar nicht, der Lnmp desto mehr. Der ordentliche Arbeiter erholt sich zu Hause oder im Freien; seine Versammlungen hält er in Sälen ab, in denen es nichts zu trinken giebt, und versammelt man sich einmal in einem Gasthause, so bleibt die Thür zum Schanklokcil geschlossen. Desto zahlreicher sind die Trunkenbolde, und diese ruinieren ihre Familie unfehlbar, denn Tabak uud Alkohol siud viermal so teuer als iu Deutschland; die Trinker und Rancher, meint Dückershoff, trügen die Steuer für die ganze Arbeiterschaft, die nüchternen und nicht rauchenden Arbeiter seien so gut wie steuerfrei. Der Truukeubold endet meistens im Arbeitshaus, und der Familie nimmt sich eine der zahlreichen Wohlthtttigkeitsgesellschaften an. Die Sekten, meint er, seien nicht sowohl Gebets- und Bekenntnisgemeinschaften, als Vereine für die Ausübung der christlichen Nächstenliebe; deshalb stehe der englische Arbeiter dem Christentum nicht feindlich gegenüber. — Die unermüdlichen Webbs haben das Jubiläumsjahr nicht vorübergehen lassen, ohne das Fazit des Viktoriazeitalters für die Arbeiterschaft zu ziehen. Ihr Schriftchen ist unter dem Titel Englands Arbeiterschaft 1837 und 1897 bei Vandenhoeck und Ruprecht iu Gvttingcn deutsch erschienen. Die oder vielmehr der Verfasser — Herr Sidney Webb scheint diesmal allein, ohne die Gattin, zu sprechen — meint, wer den Fort-