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Die Weltlage am Jahresanfang
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Die Weltlage am Jahresanfang

as Jahr 1898 ist sicher eins der merkwürdigsten dieses zu Ende gehenden gewaltigen Jahrhunderts. Es brachte den spanisch- amerikanischen Krieg, den französisch-englischen Konflikt in Afrika und das Friedensmanifest des Zaren. Der erste bedeutet zweierlei: den Zusammenbruch der Reste spanischer Kolonialmacht, sast genau vierhundert Jahre nach ihrer Gründung, und das Emporstreben der Vereinigten Staaten zur Stellung einer Weltmacht, wenig mehr als ein Jahrhundert nach ihrer Entstehung. So wenig man im allgemeinen bis dahin von Spanien er­wartet hatte, einen so rühmlosen Zusammenbruch hatte doch niemand für möglich gehalten, zumal einem Feinde wie diesem gegenüber, der zwar über ungeheure materielle Mittel, aber nur zur See über wirklich organisierte, auf der Höhe der Zeit stehende Streitkrnste gebot. Die Kläglichkeit dieses Zu- sammenbrnchs war so groß, daß sie selbst die in Europa anfangs lebhaften Sympathien für Spanien erstickt hat. Und doch hat der Sieg der Nord­amerikaner für das einfache Gefühl fo gar nichts Versöhnendes. Eine brutale kapitalistische Jnteressenpolitik, dürftig verschleiert hinter heuchlerischen Huma­nitätsphrasen, begann den Krieg, und nicht die Tapferkeit, auch nicht die Über­legenheit der Organisation oder der Führung entschied den Sieg, sondern lediglich die bessere Maschinen- und Geschütztechnik. Es ist einer der häßlichsten Kriege der Geschichte.

Und doch, er vollzog nur das Notwendige und darum Heilsame: die Ver­drängung der längst von der Welt verurteilten Herrschaft eines tief gesunknen Volkes durch ein kräftiges, leistungsfähiges, zukunftsichres, die Fortsetzung dessen, was sich im Südosten des nordamerikanischen Festlandes schon vor mehr als sünfzig Jahren abgespielt hat. Und mögen die Sympathien gestanden haben, wie sie wollen, politisch rechnen läßt sich nur mit dem Ergebnis. Dieses Grenzboten I 1899 1