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Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Die gesetzliche Regelung dieser Materie ist zudem nicht einfach; die verschiednen Verhältnisse in den einzelnen Bundesstaaten werden hierfür manche Schwierigkeiten bringen. Ebenso wenig eilt eine grundsätzliche Reform.unsers Strafgesetzbuchs, das in der Hauptsache ein gutes, durchgearbeitetes Gesetz ist und auch jetzt noch den Anforderungen entspricht. Die von einer Anzahl von Kriminalisten geforderte Hinaufschiebuug der Strafmündigkeit von zwölf auf vierzehn Jahre kann in einer kurzen Novelle erledigt werden. Die Frage aber, ob gefährliche Körperverletzungen und deren wiederholte Begehung im Verhältnis zum Diebstahl nicht schärfer be­straft werde» sollen, muß unsers Erachteus ebenso grundlegend erörtert werden, wie die Bestimmungen der sogenannten lox Heinze, die jetzt im Reichstag wieder ans Tageslicht gebracht ist. Der Rechtsverkehr wird sich, wie bisher, noch auf mehrere Jahre hinaus ohne die gesetzliche Regelung des Versicherungsrechts behelfen können. Die Überlastung des Neichsjustizcunts wird ja hierin an und für sich einen kleineu Hemmschuh abgeben. Also Verschonung des Nichterstands ans geraume Zeit mit neuen Gesetzen; das wird die beste Kcmtel für eine gute Rechtsprechung sein. Es sollte, wie in den Grenzboten einmal angeregt worden ist, ein Gesetz des Inhalts erlassen werden: neue Gesetze über zivil- und strafrechtliche Materien dürfen in den nächsten zehn Jahren nicht gemacht werden.

Heimatkunde. Ein glücklich gebildetes Wort für eine wichtige und schöne Sache! Denn von einem kleinen Punkte aus die Wirkungen der allgemeinen Ge­schichte zu verfolgen und wahrzunehmen, durch wieviel Fäden das Einzelne mit dem Ganzen zusammenhängt, hat nicht nur einen großen Reiz (wie mancher von uus hat wohl in jungen Jahren den Gedanken gehabt, er müsse einmal seines Dörfchens Geschichtschreiber werden!), es ist auch gut, wenn auf diese Art der Sinn für das Geschichtliche im Volke lebendig erhalten wird. Denn der Sinn ist da, und etwas Geschichte bietet schließlich jeder Ort. Die Belehrung kann also von jedem ausgehen, so verschieden die Art der Überlieferung ist. Direkt und örtlich angesehen, kann diese auch für größere Ortschaften ziemlich arm sein. Dann muß der Geschichtschreiber die Quellen der Staats- und Proviuzialgeschichte durch Schlüsse in das bescheidnere Bett herüberleitcn. Die Farbe» können nicht intim sein, aber trotzdem die Zeichnung deutlich genug, der Ort wird behandelt etwa wie das Bei­spiel zu einer Regel. So ist es in der wohlgegliederten und gutgeschriebnen Chronik der Stadt Schlichen, deren Berfasser, der dortige Amtsrichter R. Krieg, anch einen Verein für Heimatskunde des Kreises (Schweiuitz) hat gründen helfen. Das Buch (Schliebeu, M. Urban) entspricht mit seiner klaren Schilderung der dynastischen und rechtlichen Verhältnisse und mit der schlichten Er­zählung der nicht gerade sehr maunigfaltigcn Thatsache» «.die Ermordnng fünfund­fünfzig französischer Soldaten dnrch einen russischen Transport am 20. August 1813 dürste eine der merkwürdigste» sei») semer nächsten Anfgabe sehr g»t, und wir finden es natürlich, daß es am Orte seines Erscheinens gern aufgenommen worden ist. Die eingeschaltete Biographie eines Ortswohlthäters, Kreisphysikus Wagiier (1776 bis 1356), ist auch für nicht einheimische Leser eine wertvolle Zngabe. Viel mehr geschichtliche Überlieferung, insbesondre ein schon vor der Zeit des dreißig­jährigen Kriegs beginnendes Kirchenbuch mit vielen höchst originelle» Eintragungen bot das Dörfchen Oberspier bei Sondershausen mit seinen nur siebenhundert Ein­wohnern dem Verfasser des Büchleins: Oberspier, ein Dorfbild aus alter uud neuer Zeit, Pfarrer O. Fleischhauer (Sondershausen, Druck von Eupel), Es enthält viel mehr, als man hinter dem bescheidnen Titel erwarten wird, namentlich