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Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Dummheit. Die Landwirte, bündlerische und nichtbüudlerische, werden Verfahren, wie jeder Geschäftsmann in dieser sündhaften Welt verfährt, sie werden Genvssen- schafteu grüudeu, soweit diese ihnen Vorteile bringen, und sie werden damit an dem Punkt aufhören, wo der Vorteil in Schaden umschlägt, an diesem und an keinem andern Punkte; um das Wohl oder Wehe andrer Berufsstände werden sie sich dabei nicht kümmern. Wo dieser Punkt liegt, das kann niemand im voraus wissen. Die Handwerke haben sich vor Jahnnderten nach und nach von der Guts­wirtschaft abgelöst, weil es die Gutsbesitzer nicht mehr vorteilhaft fanden, ihre Produkte selbst verarbeiten zu lassen, und von allen übrigen Gewerben hat sich der Handel abgelöst, weil es die Produzenten nicht mehr vorteilhaft fanden, ihre Erzeuguisse selbst auf deu Markt zu bringen. Wenn sie es jetzt wieder vorteilhaft finden, diesen Vorgang teilweise rückgängig zu machen, so dürfen wir darauf nicht die Erwartung bauen, daß sich die Dinge bis zum Uraufaug zurück- eutwickeln werden; höchstwahrscheinlich werden die Landwirte nach wenigen Jahr­zehnten ganz froh sein, wenn sie ihre Mühlen uud Brotfabriken ohne gar zu großen Verlust wieder loswerden können. Mit der Butter- uud Käsebereituug, die immer eine landwirtschaftliche Verrichtung geblieben ist, verhält es sich natürlich anders. Die Handwerker beweisen ja in der Vertretung ihrer eignen Interessen uicht allzu viel Einsicht, aber darin haben sie unbedingt Recht, daß sie den Agrariern keine größere Einsicht und vor allem kein uneigennütziges Wohlwollen zutrauen; für das billige Wohlwollen, das diese dem Handwerk in der Bekämpfung der Bäckereivcrordnuug erwiesen haben, erhalten sie jetzt von den Bäckern den verdienten Lohn.

Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns ein Paar Bemerkungen zu dem Artikel: Reute uud Rohertrag in der vorigen Nummer erlaube». Daß die Landwirte eiues Staates durch anhaltenden Prcisdruck zu Gruude gerichtet werden können,") geben wir nur für deu Fall zu, daß sie sämtlich Großgrundbesitzer oder Großpächter sind, wie das in England der Fall war; Kleinbauern, die den größten Teil ihrer Er­zengnisse selbst verzehren, brauchen gar keine Reute und überstehen die Zeiten der niedrige» Kornpreise. Es giebt einen andern Umstand, der alle ländliche» Grund­besitzer eines Landes mit vollständig verteiltem Bode» zu Grunde richten mnß, wie wir durch Rechnung nachgewiesen haben, das ist die fortgesetzte Erbteilung. Aus diesem Gruude, habeu wir ausgeführt, muß jeder Staat, der seinen Grundbesitzer­stand aufrecht erhalten will, Boden für Ackerbaukolouien haben, auf dem die über­zählige» Söhne ohne starke Belastung des väterlichen Gutes versorgt werden können. Und an solcher Belastung zumeist zeigt es sich, daß der Kapitalwert der Güter, wenigstens iuuerhalb unsrer geldwirtschaftlicheu Ordnung, keineswegs bloß, wie der Verfasser S. 487 sagt, eine Einbildung, ein rechnerischer Ausdruck ist. Wenn ein Gut mehr Geld bringt, so ist es auch wirklich mehr Geld wert. Das Schicksal des Besitzers hängt nnn meist davon ab, welche Geldansprüche an ihn erhoben werden. Kauft er bei steigender Konjunktur eiu Gut mit 200 000 Mark, das nach zwanzig Jahren wegen gesunkener Rente nur noch 100 000 Mark gilt, hat er aber keine Schulden auf dem Gute, so hat er zwar eine schlechte Kapitalanlage gemacht, aber seinen standesgemäßen Lebensunterhalt schlägt er immer noch heraus, und niemand und nichts treibt ihn von der Scholle. Hat dagegen im Verlauf dieser zwanzig Jahre der Sohu das Gut übernommen, hat dieser, den Kaufpreis zu

Können, nicht müsse», Dnsz sie sogar auch in England noch nicht zu Grunde gerichtet sind, haben wir voriges Jnhr gezeigt.