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Die Psychologie der Kinderstube
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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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für alle, die Zeit haben, sich mit ihr zu beschäftigen. Sollen wir nun aber auch mit dem Verfasser und dem Übersetzer wünschen, daß unsre Volksschul­lehrer dies fortan als ein notwendiges Stück ihrer Ausbildung ansehen? Der Verfasser bemerkt einmal, das kleine Kind sei hilfloser als das junge Tier, und diese Periode der Hilflosigkeit werde sich mit der zunehmenden Kultur durch sorgfältigere Pflege des Kindes noch verlängern; das Kind des Wilden werde früher selbständig als das des kultivirteu Mannes. Ganz gewiß, aber trotzdem kommt das Kind des kultivirten Mannes, wenn die Bevormundung einmal aufhört und das Leben mit feinem Ernst anfängt, schneller vorwärts als das andre, und die Kulturvölker erreichen schließlich mehr als die Wilden. Darum braucht uns jene Verlängeruug keine Sorge zu machen. Viel wichtiger ist es aber, daß wir ohne Frage die Periode des unbeholfnen Zeichnens bei unsern Kindern verlängern, wenn wir es vorschriftmäßig beobachten und förm­lich in Pflege nehmen, und weil doch aller Unterricht auf Fortschritt, auf ein Vesserwissen und ein Bessermachen Hinansgehen soll, so wäre es aufrichtig zu bedauern, wenn sich unsre Volksschullehrer ihren ernsthaften Beruf durch solche Spielereien erschweren wollten oder gar müßten.

Maßgebliches und Unmaßgebliches

Agrarstatistisches aus Rußland. Das IZullstin russs cls Swtistigno ünaueivro et äo I/^isIMou, das iu der Druckerei des russische» Fiuanzministerinms in Petersburg erscheint, bringt iu der Doppclnummer 3/4 vom März und April statistische Mitteilungen über die Zuunhme der Agrarverschulduug im russischen Reiche und Betrachtungen darüber, die bei der Bedeutung unsers östlichen Nachbar­staats für die deutsche Brotversorguug uud Landwirtschaft, sowie im Hinblick auf die viel beklagte Überschuldung unsers landwirtschaftlichen Gruud uud Bodeus auch iu Deutschland Interesse beanspruchen dürfe».

Im Jahre 188K beklagte sich der russische Grundbesitz über eine unhaltbare Lage. Seit 1861 hatte die Verschuldung mit der man bei der Baueru- emanzipntion tabula, rasa, gemacht hatte außerordentlich schnell zugenommen, svdaß eine strenge Anwendung der Satzungen der landwirtschaftlichen Kreditinstitute die Hälfte der Gruudeigeutümer dem Ruin zu überliefern schien. Da kam die Regierung zu Hilfe, indem sie die Adelsbank gründete zu dem Zweck, die bis­herigen verhältnismäßig zu sehr hohem Zinsfuß aufgeuommncu Gruudschuldeu ab­zulösen und neueu Hypothekarkredit zu möglichst niedrigem Zinsfuß zu gewähren; er sollte nicht höher sein als der, zu dem der Staat selbst seine Schulden verzinste. Mau hoffte, auf diese Weise die Ziuseulnst, uuter der der Grundbesitz seufzte, etwa um ein Drittel zu vermiuderu. Was ist aber der Erfolg gewesen? Am 1. Jannar 1886 stellte sich die hypothekarische Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes im