Die ostdeutsche Landwirtschaft
(Schluß)
Z. Wirtschaftliche Lage und Aussichten des Ritterguts
ir haben zuletzt den Gipfelpunkt der Umwandlung in dem Charakter des Rittergutsbesitzers vom politischen Machthaber, vom Vasallen des Landesherru zum wirtschaftlichen Unternehmer betrachtet.'^) Selbstverständlich bereitet sich auch diese Umwandlung, wie alle großen Umwandlungen, langsam und in einem größern Zeitraum vor und hängt von innern und äußern Umständen ab. Ursprünglich stand der Vasall zum Landesherrn wie auch zu seinen bäuerlichen Hintersassen nicht auf dem Fuße gegenseitiger Abrechnung; Leistung und Gegenleistung wurden noch nicht nach ihrem Preise abgewogen; reichlich leben und leben lassen galt überall als Regel. Mit dem Versiegen der reichlichen Nahrungsquellen fing natürlich jeder an, zuerst an das Seine zu denken, und dabei kam der Mächtige besser weg als der Schwache.
Die Umstände, die die Umwandlung hervorgebracht haben, beginnen namentlich nach dem siebenjährigen Kriege. Die innern sind die Hebung des allgemeinen Wohlstands und die technischen Fortschritte der Landwirtschaft, die an den Namen Thner geknüpft sind; die äußern liegen in den langen Kriegen Englands gegen Nordamerika und Frankreich um die Wende des vorigen Jahrhunderts und in der sich unmittelbar daran anschließenden Entwicklung der englischen Großindustrie. Diese Umstünde verursachten eine günstige Konjunktur der preußischen Landwirtschaft mit steigenden Produkten- und Güterpreisen, die, nur von den Krisen infolge der Franzosenkriege unterbrochen, ziemlich ein Jahrhundert lang anhielt. Die Rittergutsbesitzer gewöhnten sich an diese günstigen Umstände und gewannen die Vorstellung, daß sie ewig dauern müßten. Sie waren aufs unangenehmste überrascht, als sich in der Mitte
Eine eingehendere Darstellung dieses Umschwungs auf Grund des amtlichen statistischen Materials, wenn auch von einem etwas andern Gesichtspunkt aus, hat Professor Max Weber im Sozialpolitischen Archiv 1894 unter dem Titel: „Entwicklungstendenzen in der Lage der ostclbischen Landarbeiter" gegeben. Für die weitere Begründung unsrer Darlegungen können wir auf diese Arbeit verweisen.