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Das Dreiklassenwahlsystem :
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Das Dreiklassenwahlsystem

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daß die Vermögenden dnrch das Dreiklassenwahlsystem in der Gemeindeverwaltung ein Übergewicht erlangt haben, unter dem das allgemeine Wohl oft leidet.

Man spricht noch immer von einemMittelstande," aber die, die sich in mittlern Vermögensverhältnissen befinden, sind fast überall in die dritte Klasse gedrängt, eine kleine Anzahl Höchstbesteuerter bildet die erste Klasse, und die zweite Klasse wird in der Regel von solchen gebildet, die sich in der Mehrzahl bedeutend über den Mittelstand erheben. Und wenn es bei Ein­führung des Dreiklassenwahlsystems die Absicht war, dein Bedürfnis einer gerechten Vertretung der Interessen aller Staatsbürger zu entsprechen und zur Vermittlung des Gegensatzes, in dem die erste und die dritte Klasse stehen würden, eine zweite einzuschieben, so war doch vvu vornherein durch die un­gerade Dreizahl die Herstellung des notwendigen Gleichgewichts erschwert. Eine gerechte Vertretung aller Interessen konnte und kann durch Vermittlung der zweiten Klasse mir dann erreicht werden, wenn sich diese Klasse zur Ab­wehr von Übergriffen der ersten Klasse mit der dritten und zur Abwehr von Übergriffen der dritten mit der ersten verbindet oder sich selbst teilt und auf diese Weise ein Gleichgewicht herstellt, das geeignet ist, Übergriffe von unten wie von oben zu verhindern und bei einem Widerstreit der verschiednen Inter­essen eine Vereinbarung zu ermöglichen. Eine solche Teilung wird aber kaum stattfinden, und so stehen stets zwei Klassen einer gegenüber, und wie nach den jetzigen veränderten Verhältnissen die zweite Klasse kaum noch irgendwo den andern beiden Klassen gleich nahe, sondern in der Regel der ersten in allem näher stehen wird als der großen Masse der dritten, so werden ihre Vertreter auch regelmäßig mit denen der ersten Klasse stimmen, nnd die Folge wird eine Unterdrückung der dritten Klasse sein. Wie alle bedenklichen Folgen des Drei­klassenwahlsystems, so tritt natürlich auch diese mehr in den Städten als in den gleichmäßigern Verhältnissen der Landgemeinden hervor, und darin wird anch gewöhnlich nichts durch die Bestimmnng der Städteordnungen geändert, daß die Gemeindevertreter, die Stadtverordneten, an keinerlei Instruktion oder Auftrüge der Wähler gebunden sind, daß sie in allen Fällen verpflichtet sein sollen, das Gemeinwohl aller im Auge zu haben. Es ist eine natürliche Folge der menschlichen Schwäche, daß auch in solcher gemeinnützigen Thätigkeit stets Einzelinteressen von Einfluß sind, und der erwähnte Bericht des Staats­ministeriums vom 29. Mai 1849 erkannte es ausdrücklich als berechtigt an, daß bei Ausübung des Wahlrechts die zusammentreten, die gleiche Lebens­weise und gleiche Bedürfnisse zu gleicher Anschannng und gleichen Wünschen verbinden. Gleiche Wünsche beruhen auf gleichen Interessen, das ganze Klassen­wahlsystem will den Wählern die Möglichkeit sichern, daß ihre Interessen nach Maßgabe ihres Vermögens und Einkommens zur Geltung gebracht werden, und so ist es die natürliche Folge der Dreiteilung, daß in der Gemeinde­verwaltung jetzt in erster Linie die Interessen der Hoch- und Höchstbestenerten zur Geltung kommen und für die Angehörigen der dritten Klasse, obwohl sie