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Die ostdeutsche Landwirtschaft
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Die ostdeutsche Landwirtschaft

der Bevölkerung von 1875. Die Auswanderung ist also am stärksten in den am dünnsten bevölkerten Gegenden. Nach Jannasch gingen im Jahre 1881 25 000 Pommern über den Ozean,davon aus dem Regierungsbezirk Stralsuud über drei Prozent der ganzen Bevölkerung, während der natürliche Zuwachs kaum ein Prozent betrug, und seit zwanzig Jahren sowohl die absolute Seeleu- zahl auf dem Lande, als auch die Steuerkraft im Abnehmen begriffen ist." Die Gegenden des Nittergutsbetriebes siud die Gegenden der Bevölkerungs­abnahme und der gegenwärtigen landwirtschaftlichen Not.

Neben der Auswanderung fällt aber auch die Abwanderung nach dem Westen bedeutend ins Gewicht. Die dauernd Abwandernden wenden sich den Hafenstädten und der westdeutschen Industrie zu und bilden eins der Haupt­hindernisse, daß sich dort die Arbeiterverhältnisse rnhig weiter entwickeln und zu einer entschiednen Hebung der gelernten Arbeiter, d. h. zur Bildung eines neuen konservativen Mittelstandes führen. Aber auch die periodische Ab­wanderung, die Sachscugängerei ist noch sehr bedeutend. Über die Elbe zieht Jahr sür Jahr ein Strom von 80000 Männern nach Westen auf Arbeit, während das Rittergut Not an Arbeitern hat. Bei den Kleinbesitzern muß die Frau mit den Kindern die häusliche Feldarbeit verrichten, der Mann lernt zwar im Weste» für Geld fleißig arbeiten, da wo die Arbeit lohnt, er lernt aber auch die höhere Kultur kennen und mit den heimischen Zuständen ver­gleichen. Im Herbst kommt er dann mit seinen Ersparnissen nach Hause und sucht den Winter hinzubringen, wie es geht. Das auf diese Weise dem Osten zuströmende bare Geld ist für diesen von größter Bedeutung, wie auch nicht zu verkennen ist, daß die Sachsengängerei immerhin die völlige Abwanderung und damit ein noch stärkeres Nachdringen der Slawen verhindert.

Die Statistik zeigt im Osten sowohl in den Kreisen der Kleinbesitzer wie in den Arbeiterkreisen ein umso größeres Überwiegen des Slawentums, je geringer die Einkünfte von Besitz oder Arbeit find. Der Deutsche kann es nach seiner ganzen Lebenshaltung in Bezug auf Bedürfnislosigkeit so wenig mit dem Slawen aufnehmen, wie der Nordamerikaner mit dem Chinesen. Niedere Nasse oder Kultur, niedere Lebenshaltung, geringere Arbeitsleistungen und niedere Löhne hängen eng mit einander zusammen. Die Auffaffnng, die in jedem Versuch der deutschen Arbeiter, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern, nur Begehrlichkeit, Unzufriedenheit und Auflehnung gegen die natürliche Autorität sieht, ist daher der Todfeind des deutschen Volkstums und der deutschen Ge­sittung in dem Kampf mit Slawen und Italienern. Von diesem Gesichtspunkt aus lautet also die Frage des Rittergutsbetriebes, ob der Rittergutsbesitzer auf Kosteu des deutscheu Volkstums immer weiter mit Unterbilanz arbeiten soll oder nicht. Denn zur Zeit arbeitet er unter ungünstiger Konjunktur, und eine Besserung der Zustünde steht nicht in Aussicht. Die australische Wolle und das russische, amerikanische und indische Getreide haben die Preise auf dem Markte, an dem das Rittergut vorher gern teilgenommen und viel ver-