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Die Feme
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Die Feme

Trotzdem werden die Femgerichteimmer ei» denkwürdiges Stück der deutschen und namentlich der westfälischen Geschichte sein, zwar kein so ruhmvolles, wie übertriebne Wertschätzung sie auffaßte, aber auch kein unrühmliches."

Die Sage liebt es, bestehende Verhältnisse an geschichtliche Personen an­zuknüpfen, die in dem nimmer müden Vvlksgedüchtnis unvergänglich fortleben. So nennt sie als Stifter der Feme Karl den Großen und erzählt von Papst Leo III., den sie phantasievoll zn seinem Brnder macht, er habe das heimliche Gericht bestätigt, als er zuerst von allen Päpsten deutschen Boden betreten und im sächsischen Lande mehrere Kirchen geweiht habe.

Allerdings hat das eigentümliche Gerichtsverfahren eine uralte geschichtliche Grundlage insofern, als einerseits seine Wnrzeln in dem altgermanischen Rechte zu suchen sind, dem Recht der Selbsthilfe des freieu Mannes gegen den auf frischer That ergriffnen Dieb oder Räuber, andrerseits es zum Teil auf Einrichtungen und Verordnungen des großen Kaisers zurückzuführen ist.

In den ältesten Zeiten unsrer Geschichte haben sich die freien Eingesessenem der kleinern Abteilungen des Landes, der Hunderte, in bestimmten Fristen, meist aller acht oder vierzehn Tage, zur gerichtlichen Tagfahrt eingefuuden. Diese alte Ordnung des Gerichtswesens war bei der häufigen Abwesenheit der waffenfähigen Einwohner auf weiten und lcmgdcmernden Kriegszügen und der Grafen, die au die Stelle der Stammcsherzoge getreten waren, nicht länger durchführbar. Daher beschränkte Karl der Große die Gerichtstage und setzte fest, daß in minder wichtigen Rechtssachen nicht mehr alle Freieu eines Gaues, sondern nur bestimmte Personen für die Urteilfindnng, die Schöffen oder Seabini, dem Gerichte beiwohnen sollten. Sie sowohl als die richterlichen Unterbeamten wurden von den königlichen Sendboten unter Mitwirkung des Grafen und des Volks aus der Mitte der Freien gewählt und bildete» bald einen besondern Stand.

Durch die Verleihung verschieoner Rechte an geistliche und weltliche Macht­haber zersplitterte sich mit der Zeit die Gerichtsbarkeit der Grafen. Zu Ende des zwölften Jahrhunderts gab es besondre Gerichte für die Freieu uuter den Freigrafeu" und besondre uuter dcuGaugrafen." Die Beisitzer der Frci- grafen hießenFreischöffen," das Gericht wurdeFreistuhl." ° der einzelne GerichtsbezirkFreigrafschaft" geucmnt. Allmühlich gingen die Freigrafschaften unter, vielfach verschmolzen sie sich auch mit den Gangrafschaften.' Nirgends aber erhielten sie sich so sehr in ihrer ursprünglichen Bedeutung wie iii dem abgeschlossenen Westfalen.

Dort bildete sich die fürstliche Landeshoheit laugsamer aus als anderwärts. Dort erhielten sich die freien Grundbesitzer länger als sonstwo in ihren Rechten, bewahrten die alte Freiheit, die freie Gemeindeverfassung, ihre Unmittelbarkeit nnter Kaiser und Reich; dort blieb,eine kostbare Erbschaft früherer Zeiten, der Königsbann, d. h. das dem König allein zustehende Recht, den Grafen die Grafschaft zn verleihen, in einer zwar abgewandelten, aber doch alten Gestalt lebendig"; dortfuhr man fort, in alter Weise, in den hergebrachten Formen an den gewohnten Malstätten die Freien zum Gericht zu versammeln."

Ihre eigentliche Bedeutung aber erlangten die Volksgerichte derroten Erde" erst unter dem zersetzenden Einfluß des Faustrechts uud jener anarchischeu Zustünde, die, mit dem trcmrigeu Ausgauge des ruhmvollen Hohenstaufen- Heschlechts beginnend, fast das ganze dreizehnte und Vierzehute Jahrhundert hindurch im deutschen Vaterlande geherrscht haben. Damals verschaffte sich