Litteratur
643
gehen wir hier nicht uähcr ein, da sie für sich selbst sprechen. Aber die Ausführungen des Herausgebers geben zu einigen Bemerkungen Veranlassung.
Über Gregorovius erste Reise unch Italien heißt es S. 30: „Er war unbemittelt und mußte sich iu Königsberg als Privatlehrer sein Brat erwerben." Unsers Wissens war er au einer Mädchenschule angestellt nnd ließ seine Ehe scheiden: dieser Umstand svll ihn hauptsächlich fortgetrieben haben. Da der Heransgeber wiederholt die ärmlichen Verhältnisse berührt, in denen Gregvrovius in Nom gelebt habe, so wollen wir doch nicht verschweigen, daß er sich durch schriftstellerische Arbeit immerhin einiges Vermögen erworben hatte, das er — wenn wir nicht irren im Jahre 1867 — durch deu Bankerott eines Hnudlnngshauses verlor, dem er es anvertraut hatte. S. 8 wird behauptet, Gregvrovius habe das gesellige Lcbeu („den Salon") weuig geliebt. Es gab aber doch in Rom wenige Menschen, die so viel in Gesellschaft zu sehen waren wie Gregorovius. Weun also die Äußerung vou Althaus zitirt wird, Gregvrovius habe iu Zurückgezogenheit ganz seinen Studien gelebt, so ist das völlig uuzutreffeud: abgesehen von seiner Neigung zur Geselligkeit, mußte er fchou deshalb Umgaug suchen, weil er längere Zeit römischer Korrespondent der Berliner Nativnalzeituug war.
Daß Gregorovius ein Feind Bismnrcks War, geht aus mehreren Stellen der Briefe hervor und braucht bei dem eigentümlichen Charakter des Briefstellers nicht Wunder zu nehmen. Wenn er jedoch S. 160 von Bismarck sagt: „Er beißt, und wenn er also ein Hund ist, so wird er doch immer der große Hund sein," so müssen wir ihn doch gegen eine solche Geschmacklosigkeit in Schutz nehmen: er hat offenbar im Original Vu-u xrauäo mit Anspielung auf deu aus Daute bekauuteu Caugrande, deu Fürsten vou Viceuza, geschriebeu: eiu Scherz, deu man um so eher gelten lassen wird, als Gregvrovius sonst von allem Witz nnd Humor weit cutferut war.
Peinlich berühren Ausdrücke wie S. 15: „fast alljährlich setzte er über deu Brenner," S. 110 „Sphynx", S. 164 „die Figur des Hegesias außerhalb des Dipylon iu Athen" statt der Hegeso, und S. 86 „Sie werden die gewohnten Beschäftigungen von neuem iu Ihrem Lesekabiuet aufgenommen habeu"; das italienische swäio heißt auf deutsch Studierstube.
--«-K»ch><^»---
Litteratur
Deutscher Glaube. Träumereien aus der Einsamkeit von Arthur Bonus. Hcilbronn,
E. Salzer, I8!>7
Sein erstes, vor zwei Jahren erschienenes Büchlein „Zwischen den Zeilen" hat Bonus „besinnlichen Leuten" gewidmet. Es waren feine religiöse Skizzen und Gleichnisse, die wirklich zum Besiuueu anregten, wenn man auch nicht überall mit dem Verfasser Hand in Hnud geheu kouute. Der Deutsche Glaube zeigt uns ein andres Gesicht; statt zu stillem Mitsiuueu führt uns Bouus hier in einen uuruhigeu Sturm und Drang der Gedanken. Nur einzelne von den „Tränmen" im mittlern Teil des Buches tragen den Charakter der frühern Schrift: anch hier zeigt sich die Gabe des Verfassers, sittliche Wahrheiten in einem Gleichnis aus dem frischen Leben uns uahe zu rücken nnd uns mit Ernst „praktisches Christentum," wie mau es geru ueuut, zu predige». Bei einigen Stücken wäre aber vielleicht eine Kürzung am Platze gewesen, so in den Gleichnisvariationen über die Vererbung von Süude