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üi ihr Gegenteil umgeschlagen sind, so wird kein Verständiger hieran unsrer Nechtsanwaltschaft die Schuld beimeffen. Wäre ihr das Feld, das ihr Gneist zuweisen wollte, eröffnet worden, sie hätte es zweifellos würdig ausgefüllt. Daß ihr trotz des Angebots zuverlässiger und tüchtiger Kräfte dieses Feld nicht eröffnet worden ist, liegt offenbar daran, daß die Entwicklung der Verhältnisfe nicht dahin gedrängt hat, dieses Thätigkeitsfeld geschulten, aber dafür auch weniger billigen Kräften zu überantworten.
Als Gneist seine Schrift verfaßte, war ohne Zweifel die Zahl der Anwälte in Preußen zu gering; zur Einführung der freien Advvkatnr in dem damals angestrebten Umfange fehlte es aber an dem vorausgesetzten Bedürfniffe durchaus. Wenn es uun die Ungunst der Verhältnisfe fügte, daß gerade zu der Zeit, wo das öffentliche und Privatrecht sich mehr und mehr von dem Beistande des Jnristen unabhängig zu machen strebte, sich das Angebot von juristischen Kräften in ganz ungeahnter Weise vermehrte, so ist es vor allem der Anwaltstand gewesen, über dessen Haupt sich der unvermeidliche Rückschlag entlud. Mehr und mehr hat sich der Zeitraum verlängert, den der junge Jurist im Vollbesitz seiuer Keuntnisfe und Kräfte ohne befriedigenden Wirkungskreis und ohne genügendes Auskommen ausharren muß, ehe er zur ersten Anstellung als Nichter gelangt. Und zu eben dieser Zeit ist die Advokatur freigegeben und damit die Versuchung nahe gerückt worden, sich ohne innern Beruf dieser Thätigkeit zu widmen. Schon hierdurch allein würde der Anwaltstand schwer geschädigt werden, anch wenn er dem Strome derer, die sich ihm widmen, der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe, eine genügende Thätigkeit und eine gesicherte Lebensstellung bieten könnte. Da aber auch dies nicht wehr der Fall ist, so ist die unausbleibliche Folge die von uus gekennzeichnete Verschlechterung der Anwaltsthätigkeit. Und da erhebt sich denn dringend die Frage: Wenn es wahr ist, daß die freie Advokatur ihre unbeschränkte Zugänglichkeit für jeden Juristen zur Voraussetzung hat, darf dann diese Forderung so weit getrieben werden, daß die Lauterkeit des Anwaltstandes gefährdet wird? Muß sie nicht ebenso wie die Forderung der Unabhängigkeit des Nichters eine Einschränkung erleiden, wenn andre gleichberechtigte Interessen eine solche Einschränkung erfordern? Liegt es im Interesse des Rechts und der politischen Freiheit, einen Anwaltstand großzuziehen, der von der Staatsgewalt unabhängig, aber desto mehr abhängig ist von der Notwendigkeit, sich seine gefährdete Praxis unter allen Umstanden und mit allen Mitteln zu erhalten?
Es ist aber gar uicht wahr, daß die Freiheit der Advokatur ihre unbeschränkte Zugänglichkeit zur Voraussetzung habe: die freie Advokatur ist ein politisches Schlagwort geworden, über dessen Umfang die sonderbarste Unklarheit herrscht. Es ist nicht wahr, daß die Freiheit der Advokatur und der sogenannte mnnsrus e-lxmsns Gegensätze seien. Der vuinsrv.8 olkusus, das heißt