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Die Kompetenzerweiterung der Amtsgerichte und die Reichsanwaltschaft
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Die Kompetenzeriveitermig der Amtsgerichte

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schon schlimm genug. Wenn es die Ehrengerichte nachgerade aufgegeben haben, gegen die Verbindung vvn Anwälten mit Winkelkonsulenten einzuschreiten, so hat das, wie auch Herr .L annimmt, seinen Grund gewiß nicht darin, daß es solche Verbindungen nicht mehr gäbe. Sie bestehen nach wie vor, und sie siud die unausbleibliche Folge der krankhafte» Zustäude, die fast überall eingerissen sind, und mit ehrengerichtlichen Strafen dagegen anzukämpfen ist ebenso ans- sichtslos, als wenn man einen Gaul mit Prügeln füttern wollte. Bei einein wirtschaftlich gut gestellten Auwaltstaude würden diese und andre nicht eben ehrenvolle Erscheinungen, die sich heute breit machen, wohin man nur blickt, Ausschreitungen sein, deren sich in Ausuahmefülleu hiu und wieder ein Pflicht­vergessener schuldig machen konnte, den dafür die ehrengerichtliche Strafe mit Recht ereilt. Aber der Kampf ums Dasein gefährdet nicht allein die Würde des Anwaltstandes, sondern er trübt vor allem die Auffassung und Ausübung seines Berufs. Es ist natürlich und unausbleiblich, daß der Anmalt, der ängstlich nach Mandaten ausschauen mnß, sich nicht mehr als das fühlt, was er sein soll, ein Anwalt des Rechts, sondern sich fühlt und giebt als Geschäfts­mann. Die Gebühreneiuucchme soll Hvuoriruug einer liberalen Thätigkeit sein, Belohnnng der hingebenden Pflichterfüllung im Dienste der Partei. Die Verufsausübung soll nichts andres sein als die Erfüllung dieser Berusspflicht. Diese Pflichterfüllung kauu aber nnr dann das einzige Augenmerk der Berufs­ausübung bilden, wenn sie ungesucht eine ausreichende Houvriruug findet, ausreichend, um eiue dem Beruf entsprechende Lebensstellung einzunehmen. Nur unter dieser Voraussetzung kann man vom Anwalt fordern, was man von ihm fordern muß: daß er ohne jede Rücksicht auf sein Interesse nur das Interesse und zwar das rechtmäßige Interesse seines Klienten vor Augen hat; daß er, um nur eins hervorzuheben, ein irgendwie unlauteres Mandat, mag es noch so gewinnbringend scheinen, abweist, daß er dem Verlassenen und Bedürftigen mit demselben Pflichteifer seine Kräfte widmet wie dem Mächtigen und Wohl­habenden, daß er auf dem kürzesten Wege seine Klienten zum Ziele zu führen sucht, auch weuu eiu andrer Weg für ihn gewinnbringender wäre. Kann aber der, der sich einer solchen Berufsausübung mit Pflichteifer widmet, nicht mehr cuif eine ausreichende Hvnvrirung als auf etwas Selbstverständliches rechnen, dann wird er sich unvermerkt mehr und mehr der Berufsausübung nähern, bei der er als Zweck seiner Thätigkeit das zu gewinnende Honorar und nur als Mittel zu diesem Zweck die Verwirklichung des Rechts seines Klienten be­trachtet. Man würde gewiß der heutigen Anwaltschaft bitteres Unrecht thun, Menu mau cmuähme, daß eine solche Auffassung ihres Berufs schou heute überwiegend bei ihr Platz gegriffen hätte; aber eine Hinneigung dazu macht sich unverkennbar seit 1879 immer stärker bemerkbar, und sie steht im engsten Zusammenhange mit dem wirtschaftlichen Rückgange, den die deutsche Anwalt­schaft seitdem erlitten hat. Wenn die heutigen Zustände fortbestehen, so wird