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Maßgebliches und Unmaßgebliches
öffnung des Dvrtmund-Emskcmnls und namentlich aus der billigen Fracht ans diesem Kanal zu erwachsen drohe. Sie würden am liebsten alle Wasserstraßen und das ganze Meer sperren, wenn unr nicht — ihr Zncker und ihr Spiritus übers Meer müßten/") Je weniger, wie gesagt, die Bestrebungen des Agrariertums durch anderweitige, ernsthaft geineinte oder bloß auf die Gewinnung andrer Volksschichten berechnete Prograinmsntze der konservativen Partei verdeckt werden, desto deutlicher wird es sich zeigen, wie weit diese Bestrebungen, denen äußere, der Macht des ritterlichen Grundbesitzes ebenbürtige feindliche Mächte nicht im Wege stehen, verwirklicht werden können, uud wie weit sie an innern Widersprüchen scheitern müssen.
Die amtlichen Erhebungen über das Handwerk. Die Ergebnisse der im Sommer 1895 veranstalteten Erhebung über Verhttltuisse im Handwerk, bearbeitet im kaiserlichen statistischen Amt, sind noch nnmittelbar vor der ersten Lesuug des Gesetzentwurfs betreffend die Errichtung von Handwerkerkammern dem Reichstage znr Kenntnis zugegangen, ohne jedoch bei den Verhandlungen im Plenum am 16. und 17. Dezember v. I. — abgesehen von einer kurzen Erwähnung von dem Staatssekretär des Innern — irgendwie in Betracht gezogen zu werden Wir wollen unsre Leser kurz über deu Inhalt des sehr umfangreichen statistischen Werks, das nicht im Buchhandel erschienen ist, unterrichten und seine praktische Bedeutung für die Behandlung der Handwerkerfrage beleuchten.
Wer heute über diese Frage schreibt, muß sich bewußt sein, daß kaum auf irgend einem sozialen oder wirtschaftlichen Gebiete die vorgefaßten Meinungen so ihr Wesen treiben wie hier. Was man sich als das Handwerk der Vergangenheit vorstellt, entspricht in der Regel ebenso wenig der Wirklichkeit, wie das Bild, das man sich von dem Handwerk der Gegenwart macht, uud vollends entbehrt das, was man sich als die zukünftige Gestaltung und Lage des Handwerks denkt, fast durchweg jedes Anhalts an irgendwo oder irgendwann dagewesene, bekannte Verhältnisse nnd thatsächliche Unterlagen. Es ist deshalb schwer, aber auch andrerseits besonders nötig, daß der Statistik auf diesem Gebiete zu ihrem Rechte verholfen werde, mag immerhin dadurch manche hüben und drüben znni Parteidogma erhabne Anschauung durch die statistische Beleuchtung etwas au Bedeutung verlieren. Schvu als erster Versuch der amtlichen deutscheu Statistik uach dieser Nichtuug hat das neue Werk des statistischen Amts Anspruch auf eine besondre Beachtung.
Über die Gründe, die zu diesem ersten Versuche geführt habeu, das Handwerk als solches einmal statistisch zu erfassen, spricht sich der Reichskanzler bereits in seinem Rundschreiben vom 27. Mai 1395 vollkommen klar aus. Es heißt dort wörtlich: „Wie bekannt ist, besteht in den Kreisen des orgauisirteu Handwerks das lebhafte Verlangen, daß dem Handwerkerstande eine festere, namentlich auf dem Gebiete der Lehrlingsausbildung leistungsfähigere Organisation gegeben werde, als sie die bisherigen faknltativen Innungen zu bieten vermögen. Bevor zu diese» Wünschen Stellung genommen werden kann, mnß vor allem weitern ein Urteil über die thatsächliche Durchführbarkeit einer allgemeinen lokalen Organisation des
5) Mit dem zweiten „großen" Mittel hat der Reichskanzler am 8. aufgeräumt. Er hat dabei die Gabe einer wahrhaft soldatischen Ironie entfaltet. Indem er deu Bimetallisteu Recht zu geben schien, legte er die Währungsverhältnisse genau so dar, wie wir es gelegentlich nnd brnchstückwcise in diesen Hesten uud zusammeuhäugend iu der im Grenzboleuverlag erschienenen Volkswirtschaftslehre gethan haben: das Sinken des Silberpreises kann unser» Export nach den Silberländern schädigen; allerdings beträgt der nur 3 bis 4 Prozent unsers Gesamtexports uud — hat sich trotz des Rückgangs des SilberpreiseS im gnuzen günstig entwickelt u. s. f.