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die Meere in den Händen hält- Bevor irgend welche feindliche Mächte die englische Küste zu erzwingen suchen, werden sie sich nn seine Außenwerke halten. Wie und wo, unter welcher Beteiligung der dabei interessirten Mächte dies geschehen wird, darüber kann niemand ein Wort sagen. Auch das ist möglich, daß gerade die entscheidenden Schlüge in der Nähe der englischen Häfen fallen, aber niemand wird daran denken, erobernd den Fuß auf Englands Boden zu setzen, bevor er seine Flotte so geschlagen hat, daß sie unfähig zum Handel» geworden ist. Was giebt es da nicht alles für Möglichkeiten! Mag aber geschehen, was da will, mag man thörichterweise sogar daran denken, mitten durch die englischen Schiffe hindurch Hunderttauseude von Soldaten an irgend einem Punkte der britischen Küste zu landen, ja alles dieses und noch vieles andre zugegeben, so wird es doch ein Krieg sein, an dem niemand, der große Hoffnungen ans ihn setzt, teilnehmen kann, ohne mit einer starken Flotte auf dem Schauplatze zu erscheinen.
In frühern Kriegen der europäischen Mächte handelte es sich um Grenzstreitigkeiten, um Abtretung von Landstrichen und Provinzen, um die Erhaltung des Gleichgewichts innerhalb der den Weltteil unischließenden Grenze; in dem ersten Kriege der Zukunft wird die Regulirung der Weltherrschaft in Frage stehen. Mit Schiffen und Kanonen wird mau die Entscheidung darüber herbeiführen, ob einer von den Großstaaten die andern so mächtig überragen darf, daß im Grunde er allein als gebietend erscheint. An der Lösung dieser Frage hat Deutschland nicht bloß, wie man zu sageu pflegt, ein „hervorragendes Interesse," sondern mit ihr ist geradezu die Sicherheit seiner Zuknnft, seines Bestehens verknüpft. Das deutsche Reich hat ein nicht von der Gnade andrer abhängiges Gebiet zu beanspruchen, wohin es den Überschuß seiner Volkskraft abführen kann, ohne ihn zu verlieren. Die soziale Frage, die bei uns so schwer wiegt wie irgendwo, würde mit der sichern Festlegung unsers außereuropäischen Machtgebietes zum guten Teile gelöst werden.
Daß dem so ist, mögen die Widersacher unsrer überseeischen Politik leugnen; dennoch bleibt es eine Thatsache, eine Thatsache so unbezweifelbar wie die, daß im grauen Altertum die Athener den phönizischen König Minos mit Schiffen bekämpfen mußten, wenn anders sie nicht den schmählichen Tribut au Jünglingen und Jnngfranen, zu dem sie dem Phönizier verpflichtet waren, noch weiter entrichten wollten. Tribut irgend welcher Art zu zahlen, dazu ist nnch das deutsche Volk zu gut, und deshalb müssen wir gerüstet sein für den Augenblick, wo die große Stunde der Abrechnung schlägt. Wir müssen Schiffe haben, viel, viel mehr, als jetzt in unsern Häfen liegen, erzgepauzerte und mit vernichtendem Donner versehene große Schlachtschiffe, die den Stoß des Feindes aufzunehmen imstande sind, und schnelle Kreuzer, die die weiten Meere durchfahren und von der fernen Insel die gefangne Ariadne als Bellte heimbringen. Wollte Gott, daß alle Deutschen diese große und doch so einfache Wahrheit