Litteratur
aber wird man es keinem Vorstände der Archive zweiter Klasse verdenken können, wenn er darnach strebt, Vorstand eines der besser dotirten Archive zu werden.
Die Forderungen, die wir auf Gruud dieser Betrachtuugeu aufzustellen haben, lassen sich kurz dahin zusammenfassen: Man schaffe mehr etatmäßige Stellen, man helfe der ungünstigen Lage der jüugern Beamten ab, und man dehne die „Funktions- znlagen" auf die Vorstände sämtlicher Archive aus, vielleicht die drei bis vier kleinsten ausgenommen. Erst dann werden die Archivbeamten das Gefühl haben, hiuter den übrigen Beamten des Staates nicht mehr nugerechterweise zurückgesetzt zu werden.
Litteratur
Homers Gesänge in niederdeutscher poetischer Uebertragung von August Dühr, Teil I. Niederdeutsche Jlias. Kiel und Leipzig, Lipsius u. Tischer, 1395
Leser Fritz Reuters erinnern sich der köstlichen Szene im „Dorchlänchting," Wo der treffliche Konrektor nnd Kantor Äpinus seinen schlecht präparirteu Sekundanern eine der herrlichsten Szenen der Jlias, den Abschied Hektvrs von Andromache, ans gut plattdütsch klar zu machen sucht und dabei nuter anderm das schier un- übersetzbare homerische öa^ovte mit „Düwelskirl" wiedergiebt. Der wackre Verfasser dieser niederdeutschen Jlias möge uns verzeihen, daß uns diese Geschichte bei feinem mühsamen, in schwerem Ernste und mit wahrer Begeisterung unter- nommnen Werte eingefallen ist. Er hat die Riesenarbeit geleistet, die ganze Jlias in gereimten Nibclungenversen (nicht Strophen!) in das Plattdeutsche Fritz Reuters zu übertragen, und hofft dadurch sie deu Deutschen, nicht etwa nur den Niederdeutscheu, weit näher gebracht zu habeu als Voß. Wir müsscu das für eineu Irrtum halten. Zunächst hat die Vossische Übersetzung trotz mancher Mängel und Fehler eine Art klassischer Geltung erlangt, namentlich auch in ihrer Wiedergabe homerischer Wendungen und Beiwörter, die uns in jeder andern deutschen Form fast fremdartig erscheinen, und damit in ihrer Art eine Stellung gewonnen wie etwa Luthers Bibelübersetzung, die auch uoch nicht entthront worden ist; so- daun und vor allem lassen wir Oberdeutschen uus das Plattdeutsche herzlich geru gefallen bei Schilderungen aus dem niederdeutschen Leben, vor allem komischer oder auch gemütvoller Szenen, aber für sozusagen höhern Stil ist es uns gewissermaßen nicht ernst oder nicht erhabeu genug, es wirkt da sür uns durch deu Widerspruch, ehrlich gesagt, komisch. Das ist vielleicht Gefühlssache, aber ändern läßt sich daran gar nichts. Die geschichtliche Entwicklung hat nun einmal das Niederdeutsche — außer in Holland und Belgien — auf die Stufe eines Volksdialekts herabgedrückt, und darauf beruht uusre schwer erruugue sprachliche Eiuheit. Es ist möglich, daß Dührs gewiß interessanter Versuch in Niederdeutschland Anklang findet, obwohl die Gebildete» dort ebenso gnt Voß lesen können, und das Volk im engern Sinne die Jlias weder iu dieser noch in der Dührscheu Übersetzung lesen wird; im übrigen Deutschland wird sie sich niemals einbürgern.
Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grnnow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig