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Encyklopädisches Handbuch der Pädagogik, hcrausgcgeben von W. Rein (Jena). Langensalza, Hermann Beyer und Söhne, 1894 sg. 1. bis 16. Lieferung

Einem Herder oder Pestalozzi würde eine Pädagogik sehr spanisch vorgekommen sein, die über die Abspannung unter dem Buchstaben A und über die Müdigkeit unter dem Buchstaben M Auskunft giebt, wo die Dankbarkeit zwischen der Dampf­heizung und dem darstellenden Unterricht steckt, und die Fehler der Jugend zwischen dem Fechtverein uud der Feigheit zu finden sind. Doch unsre -Zeit fordert einmal von den Genossen aller Berufe encyklopädisches Wissen, das sie auf dem Bücher­brett stehen haben müssen, wenn sie es nicht im Kopfe haben, und so ist den Männern der Schule das Lexikou von Rein zu gönnen. Befriedigen wird es sie zunächst durch seine Vollständigkeit, denn von der Abulie und Befangenheit bis zum Zweifel, vom Abiturientenexamen bis zur Ullivvrsit/ Lxtonsion, vom Bett­pissen und der Blumenzucht bis zur Schulstubendielung werden sie nichts von dem vermissen, was auf Kinder- und Jugenderziehung Bezug hat. Und auch die Güte der Artikel läßt wenig zu wünschen übrig, wird doch, wie sich von selbst versteht, jeder Gegenstand von einein Fachmann bearbeitet. Die meisten der zahlreichen Mitarbeiter sind Lehrer uud Seminardirektoren, dazu kommen Universitätsprofessoren, Geistliche, Ärzte usw. Manche von den Artikeln, wieAufklärung" undBildung" (von Paulseu),Begabung" von Andrea,Darstellender Unterricht" von A. Foltz dürfen selbständige Bedentung für sich in Anspruch nehmen. Bei einer zweiten Auflage wird manches zu ergänzen und zu berichtigen sein. So z. B. enthält der ArtikelBerechtigungen" zwar die gesetzlichen Bestimmungen ziemlich vollständig, aber kein Wort über die Berechtigung des Berechtigungswesens; Pcmlsen thut in seinem den Grenzbotenlesern nicht unbekannten ArtikelBildung" einige kräftige Schnitte in diesen dicken Zopf. Und um noch eins anzuführen: der ArtikelBe­soldung" wird einer sehr sorgfältigen Revision bedürfen. Daß es um die Be­soldung der Bolksschullehrer in Preußeu jämmerlich bestellt ist, läßt sich ja leider nicht leugnen, aber daß es im Jahre 1391 noch 127 Lehrer gegeben haben soll, die unter 450 Mark (nebst Wohnung und Feuerung) bezogen, das glauben wir denn doch nicht. Entweder, so vermnten wir, haben diese Leute Schulacker, dessen Ertrag weit unter seinem Werte angeschlagen ist (der Schulacker wird überhaupt nicht erwähnt), oder es sind Hilfslehrer, deren Beköstigung dem Hauptlehrer ob­liegt. Die Ausstattung des Werkes ist gnt, der Druck groß uud schön. Es soll in sechzig Lieferungen erscheinen. Für die Abonnenten auf die Lieferungsausgabe kostet die Lieferung eine Mark; dieses Abonnement ist jedoch mit dem Erscheinen der sechsten Lieferung geschlossen worden; von da ab wird das Werk in Halb­bänden (je sechs Lieferungen) verkauft, deren jeder 7 Mark 50 Pfennige kostet.

Platens Werke. Herausgegeben von G. A. Wolfs und B. Schweizer. Kritisch durch­gesehene und erläuterte Ausgabe. Zwei Bände. Leipzig und Wien, Bibliographisches In­stitut, o. I.

Eine zweibändige Ausgabe von Platens Werken darf nur auf einen kleinen Leserkreis rechnen, und auch der wird sich immer noch mehr verengern. Von Platens Lyrik sind die wenigen Balladen, die allgemeiner bekannt zu sein verdienen, in einer Menge von Sammlungen zugänglich; seine Sonette, seine Oden, seine Fest­gesänge sind den Deutschen bis jetzt nichts gewesen und werden ihnen mich schwer­lich je etwas sein, noch weniger seine höchst persönlichen Epigramme, die nur ganz weniges von allgemeinem Wert enthalten uud in der Hauptsache nur für Keuner