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anschließt, innerhalb jedes Zeitraums aber die einzelnen Zweige der Kultur zu­sammenhängend behandelt, im engen Rahmen ein so sicher und scharf gezeichnetes, so lebendig empfundnes und daher so allgemein verständliches Gesamtbild der grie­chischen Kulturgeschichte geliefert, wie es uns iu dieser Weise noch nirgends begegnet ist. Unterstützt wird diese Wirkung noch ganz besonders durch die zahlreichen, sorg­fältig ausgewählten und meist ganz vorzüglich ausgeführten Illustrationen. Hinter Rosiger steht Schmidt nicht zurück, desseu Anteil an dem Bande der ungleich größere, gegen 600 Seiten, ist. Mit selbständigem Urteil betont er gleich beim Beginne des sechsten Buches, daß die griechische Geschichte uicht mit der Schlacht vou Chä- roueia (338) ende, sondern in der Begründung der makcdouischen Hegemonie ihre notwendige Erfüllung finde, nachdem die Souveränität der griechischen Kleinstaaten unhaltbar geworden sei; er vertritt also hier den Standpunkt I. G. Droysens gegenüber der mehr philologischen als historischen Ansicht von G. Grote und E. Curtius. Trotzdem ist er von einer Vergötterung Alexanders des Großen weit entfernt; er unterscheidet vielmehr scharf zwischen seiner ersten hellenischen und seiner orientalisirenden zweiten Periode und verschweigt nicht, daß seine Selbstvergötterung die Sittlichkeit der antiken Welt tief und dauernd geschädigt habe. Etwas kurz ist die Periode der sogenannten Diadochen behandelt, doch wird die Geschichte dieser hellenistischen Reiche bei der römischen Geschichte dn, wo es zum Verständnis not­wenig ist, wieder aufgeuommen. In der römischen Geschichte mit ihren zahlreichen Kontroversen der Kritik und der Auffassung zeigt der Verfasser gründliches Wissen und besonnenes, selbständiges Urteil; überall betont er die Bedentnng der sitt­lichen Macht, also der Persönlichkeit, uud löst nirgends die Geschichte in einen Brei vonZuständlichem" auf, ohne dabei irgendwie die Bedentuug des Zuständ­lichen, d. h. der allgemeinen Verhältnisse, zu verkeimen. Im Gegenteil werden diese sehr sorgfältig berücksichtigt, soweit sie für das Leben des Staates und des Volkes wichtig sind. Bezeichnend für die Art des Verfassers ist es dabei, daß er lieber die Persönlichkeit des M. Porcius Cato als Typus alten Römertums in der Übergangszeit ausführlich schildert, als sich in allgemeinen Wendnngen zu er­gehen. Die älteste Geschichte des römischen Staates ist in der von der modernen Kritik geforderten Weise behandelt, aber mit Recht hat der Verfasser die alten, sagenhaften Geschichten hinzugefügt, da sie nun einmal von den Römern in ihrer Blütezeit als historisch geglaubt wurdeu und auch jetzt noch als ein Bestandteil der allgemeinen historischen Bildung gelten. Die Verfafsungsgeschichte und die Um­wandlung der wirtschaftlichen nnd der sozialen Grundlagen treten ebenso verständlich hervor wie die Entstehung erst des italischen Bnndesstaats, dann des Weltreichs. Ein durchaus selbständiges, besonnenes und billiges Urteil wahrt sich der Versasser vor allem in der Betrachtung der untergehenden Republik, namentlich der Per­sönlichkeiten Cäsars und Cieeros. Sehr diskret und taktvoll behandelt er dann den Ursprung und die früheste Eutwickluug des Christentums. Dabei ist seine Darstellung durchaus gewandt und anschaulich, wo es nötig ist, auch schwungvoll und eindringlich. Die Illustration leistet auch hier alles irgendwie Erforderliche. So reich das Material hier zugeflossen sein mag, so schwierig mag es gewesen sein, hier kritisch zn sondern, eine Arbeit, die gewöhnlich sehr unterschätzt wird und doch manche gelehrte Kleinkrämerei aufwiegt. Die Ausführung ist auch hier vor­züglich, namentlich bei den ganz plastisch hervortretenden Münzen, den Portrttt- köpfen (vgl. z. B. Nr. 248: ein altrömisches Ehepaar, aus dem Vatikan) und den Landschaften, deren Beigabe besonders dankenswert ist. Als ein vorzügliches Unter­richtsmittel sei dieser Band vor allem den höhern Schulen empfohlen.