Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Profit durch Baisse. Wie der Baissier auch bei fortwährend billigen Preisen Geld verdienen, noch dazu viel Geld verdienen könne, wnrde neulich in diesen Blättern gefragt. Die Fragstelluug ist nicht ganz deutlich; sind fortwährend fallende Preise oder andauernd gleich billige Preise gemeint? Wohl das zweite, denn die Spekulation bei stetig fallenden Preisen ist so einleuchtend wie möglich. Die dümmsten Kerle verfallen immer zuerst darauf. Sobald sich die Neigung zn. fallenden Preisen deutlich zeigt, entschließt sich der Baissier „mit dem Markt zu gehen," nach folgendem einfachen Schema. Wir nenneu den Stapelartikel den Preis im Jnnnar p, den Preisabfall vom Januar bis zum Febuar u, den vom Februar bis zum März u^, den vom März bis zum April usw. Der Baissier verkauft nnn im Januar in Zentner ^ für Februarlieferung zu x Mark, im Februar kauft er diese m Zentner zu x — u Mark, während er gleichzeitig m Zentner für Märzliefernng zum gleichen Preise von x — u Mark verkauft. Fährt er so fort, daun hat er Ende des Jahres m x (u u^ u^ -f- u^ u"' -j- n" u? -j- u^ u°->-u^) Mark verdient. Der Baissier verdient aber auch Geld, weun der Preis ein ganzes Jahr hindurch genau derselbe bleibt, der sogeuannte Lokopreis nämlich. Zwischen den Preisen für „Loko" und für „Termin," namentlich für sehr entfernte Termine, ist stets ein Unterschied, und da liegt die Lösung. Lokopreis ist der Tagespreis für wirkliche, greifbare, am Orte befindliche Ware, die der Käufer das Recht uud die Pflicht hat biuuen angemessener Frist, sagen wir binnen 8 bis 14 Tagen, abzufordern. Terminpreis dagegen ist der Tagespreis für die in einem spätern Monat oder in einer Reihe späterer Monate jeden Monat die gleiche Menge zu liefernde Ware. Den Zeitpunkt zur Lieferung innerhalb des fraglichen Monats wählt der Verkäufer, er „dient an," „kündigt." Ist nun im Januar für ^ der Lokopreis x Mark, so ist der Preis für Termine, z. B. für August-Dezember an demselben Tage stets höher. Selbstverständlich: wollte jemand seiner Meinung, daß ^ vom August bis zum Dezember teurer sein werde, einen geschttftspolitischen Ausdruck geben, so müßte er sich m Zentner ^ im Januar kaufen, sie empfangen, lagern uud dann zu deu vom August bis zum Dezember herrschenden Preisen verkaufen. Das würde Empfangsspesen, Lagerkosten, Substanz- Verlust, Zinsen, Feuerversicherung usw. kosten. Der Baissier verkauft nun den Termin August-Dezember etwas billiger, als er sich durch wirkliche Lagerung Herstelleu läßt. Er kann ja schwimmende oder auf spätere Abladung gekaufte Ware besitzen. Daß er solche habe, ist zum mindesten noch immer die Fiktion beim Abschluß. Jedeufalls braucht er nie — ganz seltne Ausnahmen kommen nicht in Betracht — August-Dezember, überhaupt eineu entfernten Termin, ohne Aufschlag, ohne „Report" zu verkaufe». Der Preis ist also für August-Dezember im Januar x r Mark. Bleibt nun das ganze Jahr der Preis unverändert gleich niedrig, so hat der Baissier am Eude des Jahres 5 x m x r Mark verdient. Hier ein Beispiel: Petroleum wurde zur Faßzeit durch Lagerung unter Riedemann monatlich um 12 bis 16 Pfennige für den Zentner teurer. Vom Januar bis zum Oktober — als dem mittelsten und also Rechnungsmonat des August-Dezembertermins — sind neun Monate. Das würde einen Report von 1,36 Mark bedeuten. Im Terminhandel wird, nehmen wir an, eine Mark bezahlt, und der Lokopreis im Januar ist 8 Mark. Unser Freund verkauft nun 5000 Barrels August- Dezember zu 9 Mark, hat also monatlich 14 000 Zentner zu 9 Mark zu liefern. Der Preis bleibt nun unverändert, er kann also jeden Monat — dreißig Tage lang hat er Zeit — die 6000 Barrels zu 3 Mark kaufen oder abrechnen und hat am Ende des Jahres 5 x 14 000 ^ 70 000 Mark verdient. Um ebenso viel Grenzboten I 1896 13