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Maßgebliches und Unmaßgebliches
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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Pariser Weltausstellung in den Ateliers jener Genossenschaft habe Photographircn lassen; die Platten seien für Reproduktionen aufbewahrt worden.

Ich überlegte mir diesen interessanten Fall reiflich und beschloß endlich, zu denen Angehören, die nicht alle werden, zumal da von meinem zweijährigen Stamm­halter noch eine überflüssige Photographie vorhanden war. Außerdem dämmerte in mir die tröstende Ahnung, daß sich diese merkwürdige Augelegenheit schlimmste» Falls zu einer schriftstellerischen Übung, zu einer Warnung verwerten ließe. Schon nach einer Woche Anfang April wurde der Haken, den die Sache haben mußte, meinen Augen sichtbar. Ich erhielt die Benachrichtigung, daß die Photo­graphie zwar einem der besten Künstler zur prompten Ausführung bereits über­geben sei, daß aber das mit Kohle ausgeführte und auf Leinwand geklebte Porträt des Schutzes wegen eingerahmt werden müsse, denn es könne weder aufgerollt, noch verpackt werden u. f. w. Beigefügt war die Ansicht von vier Rahmenleisten zu 28^2, 30, 34 und 45 Franks und ein Zettel mit einem Anerkennungsschreiben. Ans Grund des letztern zog ich nun bei zwei Herren Erkundigungen ein, die zn Gunsten der Bilder, aber gegen den Rahmen oder die Verpackung ausfielen. Einer der Herren hatte außerdem die Liebenswürdigkeit, mir ein nenes Anerbieten der­selben Genossenschaft mitzusenden, wonach ein zweites Bild für so und soviel Franks (fünfzig, wenn wir nicht irren, mit 30 Prozent Rabattl), diesmal aber ohne Rahmen geliefert werden sollte. Ich verzichtete nun in einer brieflichen Erwiderung au Herrn Tanquerey auf jede Einrahmung, indem ich mich auf sein erstes Schreiben berief, und wünschte bloß das Probebild, dem ich eine andre Bestellung folgen lassen würde, wenn es gelungen wäre; sonst erbäte ich mir Rücksendung der Photo­graphie. Diese erfolgte nicht, dagegen nach zwei Monaten (Mitte Juni) die über­raschende Mitteilung, daß Herr Tanquereybis heute ohne meine werten dies­bezüglichen Nachrichten" betreffs einer Einrahmungsleiste geblieben sei. Da man aber kürzlich neue und zwar bedeutend billigere Leisten habe herstellen lassen, so gestatte man sich, einige Muster zu 15, 18 und 22 Franks zu unterbreiten, für den Fall, daß mir die frühern etwa zn teuer hätten erscheinen können. Wenn ich übrigens nach dem zweiten Schreiben erwartet hatte, daß das Bild inzwischen fertig geworden sei (denn die Photographie war ja gleich nach ihrem Eintreffen einem der besten Künstler zur prompten Ausführung übergeben worden), so ent­täuschte mich jetzt die ganz harmlose Bemerkung, daß mir die Genossenschaft erst ein wunderschönes, kunstgerechtes Porträt von auffallender Ähnlichkeit" anfertigen wolle. In Anbetracht dieser Vergeßlichkeit ließ ich nun auch meinerseits das An­erbieten unbeachtet, auch den beigefügten Zettel mit weitern Empfehlungen, die aus verschiednen Zeitungen zusammengestellt Waren und sehr geschickt die anfangs abge­neigte Haltung, dann die Befriedigung mehrerer Kunden betonten. Bald aber sollte ich Herrn Tanquerey hören stärker beschwören. Anfang Juli traf nämlich sein viertes und letztes Anerbieten ein mit der gedruckten (!) Überschrift: Bild und Rahmen gratis. Darin wurde mir eröffnet, daß die Genossenschaft betreffs des Einrahmens meines Kreidebildes (jetzt war es also schon wieder fertig!) bis heute ohne Ant­wort geblieben und deswegen anzunehmen geneigt sei, daß ich mir entweder den Luxus einer schönen Einrahmung versage» müsse oder selbst Rahmen zu meiner Verfügung hätte. Um jedoch den in letzter Zeit in deutschen Blätternerschienenen verleumderischen Insinuationen" die Spitze zu bieten, wolle mandas gut aus­geführte und eingerahmte Crayonbild" gegen Einsendung von 10 Franks für Deck­glas, Verpackungsliste, Zoll und Fracht frei nach meinem Wohnort liefern. Was sollte ich thuu? Sollte ich mir diese Anzweiflung meiner zahlungsfähigen Moral