Maßgebliches und Unmaßgebliches
295
sich die Leute über die Fortschritte ihrer Kinder im Deutschen; seitdem aber ihre Muttersprache verpönt ist, sagen sie: Nu gerade nicht! Wenn den Zentrumsleuten vorgehalten wird: Das habt ihr mm von eurer Unterstützung des Polentums, erwidern sie: Wo sind denn die Erfolge eurer Zwangsgermauisntivu? Doch die Hauptursache ist eine sozialistisch angehauchte demokratische Bewegung. Die Schle- sische Zeitung, die seit Wochen sorgfältig alle die Wahl betreffenden Preßttußerungeu zusammengetragen hat, ist derselben Ansicht, und sie hebt hervor, daß die jüngere Geistlichkeit vielfach so denke wie Pfarrer Ring in Nieolai, der erklärt habe: „Es ist eine heilige Wahrheit, daß mehr auf das Volk Rücksicht zu nehmen ist als auf die paar Herren, die im Wahlkreise wohnen." Gegen Huene hat das Polenorgan Katvlik angeführt, er habe das volksfreundliche Wildschadengefetz des frühern Abgeordnete» Conrad verstümmelt, sein Verhalten in der Frage der „Bismarckehrung" habe das ganze Zentrum mit Entrüstung erfüllt; er sei für Beschränkung des bäuerlichen Erbrechts und der bäuerliche» Wechselfähigkeit (was alles nicht ganz richtig ist), er sei ein großer Herr, habe daher andre Interessen als die kleinen Lente und kenne deren Leiden nicht, er kenne insbesondre die bürecmkratischen Plackereien nicht, die die Grenzbewohner beim Viehgeschüft zu erdulden hätte«, sowie die ungerechte Verteilung der Schnllasten zwischen Gutsbezirken und Gemeinden; endlich sei er gegen den weitern Ausbau der Arbeiterschutzgesetzgebung. Ein Berichterstatter des Vorwärts hat im oberschlesischen Judustriebezirk die Arbeiter, unbeschadet ihrer unerschütterten Gläubigkeit und Frömmigkeit, voll Erbitterung gegen die Geistlichkeit gefunden, die es mit den Herren halte: insbesondre soll die Lage der Arbeiter in den Gruben des Zentrumsführers Grafen Ballestrem sehr schlimm, auf den königlichen Gruben und Hütten dagegen viel besser sein. Man sieht, im Osten wie im Südwesten fällt es der Zeutrumspartei immer schwerer, den aristokratischen und den demokratischen Flügel zusammenzuhalteu.
Ein schlesisches Blatt, wenn wir uns recht erinnern die Breslauer Zeitung, wollte erfahren haben, daß auch der im benachbarten Teschen eingekerkerte I'. Sto- jalvwski eingewirkt habe. Und es ist wohl möglich, daß die Verfolgung eines Vauernheilands jenseits der Grenze die Leute erbittert hat, es ist auch möglich, daß die Welleu der galizischen Bauerubewegung selbst über die Grenze geschlagen haben. Dem genauuten apostolischen Manne, dem sein exiseopus proprius, der Erzbischof von Antivari, das beste, und der geistliche Beherrscher feines gegenwärtigen Aufenthaltsorts, der Kardinal Kopp, kein schlechtes Zeugnis ausgestellt hat, ist bekanntlich am 9. Oktober der am 8. Oktober nach telegraphischer Verständigung Badenis mit dem Vatikau ausgefertigte Ausweisungsbefehl des Nuntius -lglinrdi dnrch den k. k. Polizeikommissar Bannch aus Krakau in den Kerker gebracht worden. Diese Ausweisung eines österreichischen Unterthanen aus Österreich dnrch einen päpstliche» Nuutius, die Polouisirung der österreichischen Regierung und die unerhörten Gewaltthaten, die bei den letzten galizischen Landtagswahlen nnter dem Schutze des damaligen Statthalters von Galizien und jetzigen Regenten von Österreich verübt worden' sind, haben unsre, den genannten Ländern beuachbarteu Blätter lauter abessynischeu. madagassischen und südwestafrikanischen Geschichten immer uvch nicht zu würdigen Zeit gefunden, auch die nicht, zu deren Spezialitäten sonst die Schilderung der polnischen Wirtschaft in Galizien gehörte. Den österreichischen glättern gegenüber, die sich mit der Sache beschäftigen, beobachtet Badeui das denkbar einfachste Verfahren; er läßt sie koufisziren, aber der Staatsanwalt unter- 'ißt die für solche Fälle vorgeschriebne gerichtliche Verfolgung, sodaß es zu keiner Erörterung der heikcln Sachen vor Gericht kommt. Am 24. haben die Abgeordneten